Wie kann es sein, dass Strom über den Boden abfließt?

8 Antworten

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Also, die Antworten hier sind alle nicht ganz richtig.

Der Stromkreis ist geschlossen. Das liegt daran, wie unser Stromnetz beschaffen ist. Unser 230V/400V-Netz ist aus drei Phasen aufgebaut, die zueinander iene Phasenverschiebung von 120° haben. Der Sternpunkt dieser drei Phasen ist im 230V/400V-Netz starr geerdet. Schau dir das folgende Bild an:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/thumb/1/13/TN-S-earthing.svg/350px-TN-S-earthing.svg.png

Durch diese Phasenverschiebung ergibt sich zwischen den Außenleitern eine Spannung von 400V und von den Außenleitern zum Sternpunkt eine Spannung von 400V/(Wurzel3) = 230V. Da der Sternpunkt des Transformators mit Erde verbunden ist, hast du zur Erde auch eine Potentialdifferenz von 230V.

In unserem gesamten Netz ist dieser niedrige Erdungswiderstand wichtig, um eine ausreichende Sicherheit für unsere Schutzeinrichtungen zu gewährleisten. Wenn du jetzt wirklich zwischen einem Stromkreis Phase-Erde hängst, wird sich schnell ein Strom einstellen - ein Fehlerstromschutzschalter/RCD (der heutzutage in allen Neubauten für an für Laien zugänglichen Steckdosen nötig ist) wird sehr rasch abschalten.

Übrigens passiert dir relativ wenig, wenn du eine Phase anfässt und auf einem trockenen Holzboden stehst. Gefährlicher sind hier Leitende gegenstände, wie iene Metallleiter (jeder gute Elektriker benutzt Holzleitern). Der Worst-Case ist nasse Füße auf Nasser Erde -> optimaler Erdungsiwderstand und viel Stromfluss. Bei "optimalen" Bedinungen beträgt der Widerstand des Menschen von Phase zu Erde übrigens um die 1kOhm. Das entspricht einem Stromfluss von 230mA, bei einer Spannung von 230V - 50mA sind schon tödlich!

Warum macht man diese Verbindung zu Erde jetzt? Ganz einfach: Es kann ja mal im Fehlerfallw irklich eine Verbindung zu Erde kommen - weil zum Beispiel dem Nachbarn eine Phase einfach "auf den Boden fällt" - schon wären zwischen einer anderen Phse und der Erde 400V Spannung.

Es gibt aber auch Netzarten, an denen genau diese Verbindung zur Erde nicht gewollt ist. Das nennt sich IT-Netz.. In diesem Netz ist der Sternpunkt zur Erde vollkommen isoliert. Das wird in Krankenhäusern zum Beispiel verwendet. Der Vorteil ist, dass ein Kurzschluss mit Erde passieren kann und dennoch die Stromversorgung aufrecht erhalten werden kann. Erst beim zweiten FEhler muss abgeschaltet werden.

ICh hoffe das war alles nicht zu konfus für dich ;)


darkdragon1012 
Fragesteller
 08.08.2012, 22:36

Wow, danke! Das hat meine Frage wirklich zur Gänze beantwortet. Hab dir schon bei allem folgen können, ein bisschen kenn ich mich damit ja doch aus. :)

Nochmal danke an alle anderen, zumindest die, die was sinnvolles gepostet haben. Kann leider nur eine Hilfreichste Antwort vergeben, dafür aber ein DH für all die anderen guten Antworten.

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nEmai  09.08.2012, 11:40

Nun ich finde du hast die eigentliche Problemstellung mit viel Erklärung übers Netz umgangen.

Ist es denn nun ein Problem wenn ich in Gummistiefeln auf ner Holzleiter steh und die Phase anfass oder nicht? Mir kommts nicht wirklich auf den Selbstversuch an, aber das als E-technik Student immer noch nicht sicher zu wissen gefällt mir auch nicht ;)

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Grile  10.08.2012, 10:48
@nEmai

Wieviel Strom fließt, kommt im Endeffekt auf den Widerstand (bzw. auch die Impedanz ;) ) an. Natürlich fließt so gesehen Strom, wenn du auf der Holzleiter mit Gummistiefeln stehst. Die Frage ist wieviel Strom es ist und ob du den Stromfluss überhaupt merkst, wie lang er fließt und wie gefährlich das ist. Dazu gibts ein Diagramm: http://download.hager.com/evolutionmb.de/files_download/azubis/wissen/vde/I-t-Dia_kompl.jpg

Hier sieht man auch, dass 50mA mit einer Durchflusszeit von mir als 2 Sekunden tödlich sein können. die 230mA von vorhin sind gleich gefährlich und nach ca. 300ms tödlich..

Hast du nun Gummistiefel an (Bestimmt größer 100MOhm Widerstand) und stehst auf der Holzleiter (sicherlich auch größer 100MOhm widerstand) - kannst du das analog berechnen: 100MOhm + 100MOhm + 1kOhm = 200,001MOhm

230V / 200,001MOhm = 1,15µA - das spürst du nicht mal - erst ab ca. 500µA bemerkst du den Stromfluss erst.

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nEmai  10.08.2012, 12:53
@Grile

Haha ja, macht schon irgendwie Sinn^^

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Grile  10.08.2012, 13:50
@nEmai

Das lustige an der Sache ist, dass ich ja selbst Elektrotechnik studiert hab udn durch das Studium in der Hinsicht einfach mal0 gelernt hab. Wir haben nicht einmal gelernt, wieso in der Steckdose drei Drähte sind. Ich frag mich manchmal, was ich da überhaupt gelernt hab.

. Alles was ich hierzu weiß, kommt von meiner Berufsausbildung - viel praktischer alles ;)

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wollyuno  09.08.2012, 12:40

@grile soweit alles sehr gut erklärt ,mit den holzleitern mag bei manchen noch sein.bei uns wurden nur kunststoffleitern von zarges verwendet,einmal geprüfte sicherheit(festigkeit)sowie die elektrische leitfähigkeit,die bei holz je nach feuchte unterschiedlich sein kann

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Grile  10.08.2012, 10:48
@wollyuno

Klar.. Kunststoff gibts auch.. das mti den Holzleitern ist vermutlich nicht ganz der neueste Stand..

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Nun, wenn auch der Fußboden aus Holz ist, so kann er doch nocht Feuchtigkeit haben und wenn Du dann auf Socken bist, die auch noch feucht sind und dann in der Steckdose die Phase erwischst, dann bekommst Du sicherlich einen gewischt. Der Transformator, der euch versorgt, dessen Sternpunkt ist geerdet, da ist 0 Spannung. Berührst Du die Phase, dann fließt der Strom, über den Widerstand Deines Körpers, über die feuchten Socken, den Holzboden und dann über die Erde zum Sternpunkt des Trafos zurück.

Hat man z.B. gute Gummischuhe an und läuft auf einem Holzfußboden, noch mit einem Teppich belegt, dann merkt man die Spannung nicht !

Z.B. hatte ich mal den Fall, daß ein PC-Gehäuse auf Phase war, niemand hat das bemerkt, bis ein anderer PC da noch angeschlossen war und dann fiel die Sicherung. Es war nur purer Zufall, daß niemand zu Schaden kam, es hat auch keiner gleichzeitig das Gehäuse und das Heizungsrohr angefasst.


darkdragon1012 
Fragesteller
 08.08.2012, 22:21

Sehr gute Antwort, danke! Ich glaube, jetzt versteh ich's ;)

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Deine Überlegung ist im Prinzip richtig. Aber kein Material ist elektrisch völlig leitunfähig, die Grenzen zwischen Leitern und Isolatoren sind völlig fließend, die Einteilungen sind da willkürlich. Wenn Du bei Phasenberührung auf einem gekachelten Fußboden stehst, ist das meistens schon lebensgefährlich. Wenn Du dagegen auf einer trockenen Holzleiter stehst, ohne eine Wand zu berühren, wirst Du den Strom, der immer über Deinen Körper zur Erde abgeleitet wird, wahrscheinlich nicht spüren. Der Spannungsprüfer ist da empfindlicher, der leuchtet trotzdem auf. Über den Boden fließt dabei immer ein Strom ab, mal mehr, mal weniger, wenn der gegenpolige Leiter (Nulleiter) geerdet ist.


darkdragon1012 
Fragesteller
 09.08.2012, 16:47

Auch eine gute Antwort. Danke!

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Alles ist mehr oder weniger Leitfähig, perfekte Isolatoren gibt es nicht.

Der "Rückleiter" ist an der Trafostation mit der Erde verbunden, also kann auch der Boden als Rückleiter dienen.

Schließt man eine Lampe zwischen Phase und Boden an, wird die nicht funktionieren weil viel zu wenig Strom fließt, es also kaum leistung gibt.

Der Mensch braucht aber so gut wie keine Leistung um einen Stromschlag zu bekommen. Alles ab 0,5mA ist Lebensgefährlich. Das reicht nicht um eine Lampe an zu kriegen, ist aber genug um einen Menschen um zu bringen.

Viele Antworten und immer mit Fehlern.

1.) Gefährlich für den Menschen sind Ströme ab 40mA Wechsel- und 60 mA-Gleichstrom.

2.) Der Hautwiderstand bei trockener Haut sind viele 100 kOhm.

3.) Der Widerstand im Stromkreis hängt von den Schuhen, dem Boden und dem Untergrund bis zur Erdungsstelle der Hausinstallation ab.

Erst wenn man diese Widerstände alle kennt, kann man genau rechnen. Nach VDE usw. rechnet man natürlich mit dem schlechtesten Fall und sagt ab 40V Wechselspannung und 60V Gleichspannung wirds lebensgefährlich.

Aber, wie einer schrieb bei "optimalen" Bedingungen, wenn man zum Beispiel in der gefüllten Badewanne sitzt, wo der Widerstand sehr gering ist, sind schon kleinere Spannungen gefährlich.

Ein Stromkreis entsteht dann, wenn bei Berührung eines Pols der Spannungsquelle ein leitfähiger Rückweg zum anderen Pol vorhanden ist. In der Fragestellung ist der Holzfußboden und sein evtl. leitfähiger Untergrund bis zum Hausanschluß und die dazwischenligende Schuhsohle maßgebend für das Zustandekommen eines Stroms. Man kann die Gefahr in etwa abschätzen, wenn man den Phasenprüfer in einer Hand und mit der anderen Hand den Schutzkontakt berührt. Wenn dann das Licht deutlich heller wird, steht man auf gut isoliertem Untergrund.