Blickwechsel 02. Juni 2022
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2 Antworten

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Hi Saphira,

Also ich habe mich immer für völlig normal gehalten und nicht weiter drüber nachgedacht. Ich fühlte mich wohl, wie ich bin und sah keinen Grund mich als „falsch“ anzusehen.

In meine erste (und bisher einzige) Beziehung bin ich auch mit diesem Gefühl hereingegangen. Dann habe ich aber da plötzlich feststellen müssen, huch, andere interessieren sich offenbar wirklich für Sex (hatte ich vorher immer für Übertreibung gehalten). Da wurde ich dann, auch durch die Worte meines Freundes unsicher. Ich wusste immer noch, dass ich so fühle, ich wusste, dass ich okay finde, dass ich mich so fühle und ich dachte, dass es auch andere geben muss, die so fühlen, aber ich war auf einmal verunsichert. Das war eine Phase, die tatsächlich etwa ein halbes Jahr-Jahr anhielt und wo ich am Ende wirklich verzweifelt war, auch weil ich meinem Freund (heute schon länger Ex-) nicht erklärlich machen konnte, dass ich so fühle und er immer meinte, dass ich da unbedingt mit meinem Gyn drüber reden müsse. Aber auch da habe ich den „Fehler“ nicht wirklich bei mir gesucht, ich bin nur verzweifelt weil ich nicht erklären konnte, dass ich den Fehler nicht finde und auch nicht bei mir sehe – sondern nur die Symptome – sprich Probleme in der Beziehung deswegen. Ich war da irgendwann wirklich verzweifelt und habe bei google einfach nur eingegeben: „Ich will keinen Sex“ – das hat zu Erfahrungsberichten von zwei Asexuellen (mit dem Wort, das ich vorher nicht kannte) geführt – ich habe die gelesen und die Unsicherheit war wieder weg, das war 100% passend und ich wusste, ich habe recht, es gibt andere! Und zu dem Zeitpunkt wusste ich auch wieder: ich kann meinem Gefühl vertrauen.

Also, ja, es gab diese Phase, aber irgendwie, dass ich das lange Jahre gedacht habe, wie andere das hinter sich haben – das hatte ich zum Glück nicht. Wohl auch, weil ich sehr naiv sein kann oder sehr übersehend, wenn andere anders sind, als ich. Ich habe wirklich bis zur Beziehung einfach nicht bewusst gemerkt, dass gar nicht jeder so ist wie ich, ich bin immer davon ausgegangen, dass sie das Thema beredet haben, weil ihnen nix besseres einfiel... Heute frage ich mich manchmal, wie ich das übersehen konnte, denn heute sehe ich Anzeichen, aber damals war ich offenbar echt gut darin, es abzutun :-D.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin selber asexuell und kenne auch einige andere.

Tatsächlich leiden viele Asexuelle unter gesellschaftlichen Zwängen und vorherrschenden falschen Vorstellungen davon, was normal ist und was nicht, solange sie noch nicht mit dem Begriff der Asexualität in Kontakt kamen oder sich damit beschäftigten.

Es gibt aber auch solche (ich selbst beispielsweise), denen nicht einmal wirklich auffiel, dass sie anders sind.

(Ich wusste zwar, dass ich kein Interesse an Sex habe, dachte aber nicht wirklich darüber nach, denn ich habe Fetische, also bin ich offenbar nur anders gepolt.

Da man in meiner Umgebung und auch sonst wo auch kaum über Sex sprach oder ich, wenn doch, davon kaum etwas mitbekam (vielleicht blendete ich das sogar automatisch aus) und ich sowieso immer in vielen Punkten anders, als die anderen war, kam ich garnicht dazu, diesen Unterschied genauer zu beleuchten, bis Gespräche hier auf Gutefrage eine Kette von Ereignissen in Gang brachte, die mich dazu bewegten, mich eingehender zu informieren. Witzigerweise hatte ich davor sogar schon Fragen zu Asexualität beantwortet und Diskussionen darüber geführt.)

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich identifiziere mich seit Anfang 2021 als asexuell.