Blickwechsel 23. Mai 2023
Deine Fragen an einen "China-Auswanderer"
Alles zum Blickwechsel

Wie steht es mit Politik und dem Schul- und Bildungssystem?

1 Antwort

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

 Hallo, bitte entschuldige die verspätete Antwort..

1. Oft habe ich gehört, China sei eine kommunistische Diktatur.

China ist nicht kommunistisch. In China gibt es den, wie sagt Xi JinPing so schön: Sozialismus mit chinesischen Merkmalen.

Naja, und die Verfassung sagt das auch.. :)

Article 1 The People’s Republic of China is a socialist state governed by a people’s democratic dictatorship that is led by the working class and based on an alliance of workers and peasants.
The socialist system is the fundamental system of the People’s Republic of China. Leadership by the Communist Party of China is the defining feature of socialism with Chinese characteristics. It is prohibited for any organization or individual to damage the socialist system.
http://www.npc.gov.cn/englishnpc/constitution2019/201911/1f65146fb6104dd3a2793875d19b5b29.shtml

Hinzu kommt eine gute Portion Staatskapitalismus.

Diktatur halte ich für das falsche Wort – und da bediene ich mich jetzt gerne mal mit dem von dem Kollegen Noidea333 zitierten Wikipedia Artikel:

Begriffsverwendung in der Gegenwart
Der Begriff  Diktatur wird im aktuellen wissenschaftlichen Diskurs vor allem im Zusammenhang mit dem Diktaturvergleich verwendet, der Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem NS-Regime und der DDR herausarbeitet. [85] Für die Analyse gegenwärtiger Regime spielt er kaum noch eine Rolle. [86] Bereits 1966 fragte Carl Joachim Friedrich, ob er „nicht schlechthin fragwürdig geworden“ sei, da Diktatur ja nie als Selbstbezeichnung diene, sondern immer nur zur Kennzeichnung des „schlechthin  Bösen“. Die aus der Rechts- und Verfassungsordnung nicht wegzudenkenden  nomothetischen Leistungen von (im schmittschen Sinne: souveränen) Diktaturen gerieten aus dem Blick. [87] 1972 kritisierte Ernst Nolte die mangelnde Trennschärfe des Begriffs, der für alles herangezogen würde, was dem Muster einer parlamentarischen Demokratie nicht entspreche:
„Das Mißliche dieser Situation liegt vor allem darin, daß dasjenige, das weltgeschichtlich weit eher die Regel als die Ausnahme ist, mit einem Terminus bezeichnet wird, der seit seinen römischen Anfängen die Bedeutung des Ausnahmezustandes […] nie völlig hat ablegen können.“ [88]
Der Politikwissenschaftler  Wolfgang Merkel erklärte aus ähnlichen Gründen, der Begriff der Autokratie sei zwar umfassender, aber präziser definiert als der der Diktatur und diesem daher „in einer systematischen Herrschaftstypologie vorzuziehen“. [89] Auch der Politikwissenschaftler  Uwe Backes verwendet als Antonym zu Demokratie und  Verfassungsstaat den Begriff der Autokratie. Den in der älteren Forschung verbreiteteren Terminus  Diktatur benutzt er nur noch in seiner ursprünglichen Bedeutung, nämlich im Sinne von „befristete Ausnahmegewalt im Rahmen verfassungsstaatlicher Institutionen“. [90]

Davon ab, welche Staatsform es ist – ist es doch wichtig ob a) der Staat für die Menschen arbeitet und b) sich die Menschen im Lande wohl fühlen. Hier kann ich mit Bestimmtheit sagen, dass beides gegeben ist.

Nachrichten und Atikel sollte man etwas kritisch betrachten, auch hier in Deutschland in meinen Augen.

Nach meinen Erfahrungen sollte man Artikel und Nachrichten in Deutschland über China kritisch betrachten – in den allermeisten Fällen nämlich wird sehr einseitig und kontextlos berichtet um ein bestimmtes Bild zu erzeugen.

Im Grunde muss man bei allem (sei es in China oder in Deutschland) sehr genau schauen und dem Lesefluss nicht einfach folgen, sondern immer mal innehalten und Fragen: wie sind wir jetzt dahin gekommen? Wurde der Weg komplett aufgezeigt? Wenn nicht, wurde etwas übersprungen was wichtig ist? Wurde etwas hin zugeschrieben was nicht belegt ist? Ist das Ergebnis bisher soweit nachvollziehbar?

Letztlich beeinflusst jedes Land mit den Medien die Bürger.

2. Wie sieht es mit dem Schul- und Bildungssystem aus?

Sehr viel Wettkampf. Viel Druck um in der höheren Bildung auch an eine Hochschule/Universität zu kommen, die gut ist – der GaoKao ist ein absolut definierender Moment im Leben der Kinder.

Gibt es gravierende Unterschiede zwischen dem chinesischen und dem deutschen?

In China wird viel mehr gelernt. Sehr viel mehr. Der Lehrstoff ist zum einen breiter aufgestellt, zum anderen geht es tiefer in die Materie. Zudem muss das Wissen abrufbereit sein, damit es auch genutzt werden kann um darauf aufzubauen. Zu wissen wo, man es nachschlagen kann hilft in der Schule nicht.

Oft haben die Kinder lange Tage – je nachdem wie viel Hausaufgaben für den nächsten Tag anliegen und welchen außerschulischen Unterricht die Eltern noch geplant haben. Ein erschreckendes Beispiel ist unser Nachbarkind (8): Er hat in der Woche drei Stunden Zeit zum draußen spielen (Sa und So jeweils 1,5h) – was sehr extrem ist. Das war früher bei den Kindern in unserer Kalligraphieschule nicht so und so kenne ich das auch nicht aus unserer Familie. Um 7 Uhr hoch nach 22 Uhr ins Bett.

Oder gibt es vielleicht sogar Gemeinsamkeiten?

Gemeinsamkeit ist z.B., dass eine Schulpflicht besteht (allerdings für 9 Jahre) und die Grundschule ab 6 besucht wird (dann aber für 6 Jahre).

http://www.npc.gov.cn/zgrdw/englishnpc/Law/2007-12/12/content_1383936.htm