Trunkenheit auf E-Roller?

4 Antworten

Von Experte HfPol110 bestätigt

Also, über 1,1 Promille spricht man von der "absoluten Fahruntüchtigkeit", ab 0,3 Promille könnte die "relative Fahruntüchtigkeit" eintreten, jedoch nur mit Ausfallerscheinungen - so oder so sind wir im §316 StGB:

§ 316 StGB
Trunkenheit im Verkehr
(1) Wer im Verkehr (§§ 315 bis 315e) ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 315a oder § 315c mit Strafe bedroht ist.

Da bist du mit dabei.

Die Folgen erfahrungsgemäß nach vielen, vielen bearbeiteten Trunkenheitsfahrten:

  • Führerscheinentzug - hast du nicht, also "zunächst egal"
  • Geldstrafe ~45 Tagessätze, also ~ 1 1/2 Nettomonatsgehälter (tritt bei dir nicht ein, da du nach dem Jugendstrafrecht verurteilt wirst, welches keine Geldstrafe enthält, daher...)
  • Vermutlich um die 80-120 Sozialstunden
  • Bei über 1,6 Promille auf jeden Fall eine MPU
  • Bei über 1,1 Promille auf Grund deines Alters vermutlich auch MPU
  • Mindestens 9 Monate eine Sperre bzgl. der Erteilung einer Fahrerlaubnis - dürfte auf Grund deines Alters vermutlich eher 2 Jahre lang sein

Hinzu kommen ~250€ Auslagen, Arztkosten für die Blutentnahme, Blutuntersuchung im Labor etc.

 Es gab ein Notfall deswegen musste ich fahren.

Wenn es wirklich ein Notfall im Sinne des StGB war, dann hättest du ggf. einen Rechtfertigungsgrund und somit wäre die Trunkenheitsfahrt nicht strafbar.

 34 StGB
Rechtfertigender Notstand
Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. 2Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden

In wie weit das bei deiner Trunkenheitsfahrt zutrifft, wird der Richter beurteilen. Ich persönlich wüsste kein realistisches Szenario, bei dem der §34 StGB bei einer Trunkenheitsfahrt auf dem E-Roller einschlägig wäre...

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Seit über 15 Jahren Polizeivollzugsbeamter
Marie170461819 
Fragesteller
 02.05.2024, 12:16

Vielen Dank für die ausführliche Erklärung. Was kann im besten Fall für mich passieren?

1
Dommie1306  02.05.2024, 12:20
@Marie170461819

Im allerbesten Fall: Einstellung auf Grund des rechtfertigenden Notstands - glaub ich nicht.

Realistisch betrachtet, wäre das Beste was dir passieren kann: Keine MPU, Führerscheinsperre von nur 9 Monate, ~50 Sozialstunden... aber wie gesagt, widerspricht meinen Erfahrungen. Aber melde dich gern, was dabei rausgekommen ist, würde mich interessieren, um meinen "Erfahrungsschatz" zu erweitern...

1
KittyCat2909  02.05.2024, 23:41
@Marie170461819

Du solltest evt besser nach dem Schlimmsten Fall fragen.

Denn von 1,7 pro mille- zu 1,5 hätte einiges an Zeit vergehen müssen. Zu 1,1 mehr als unwahrscheinlich gehabt.

Bei 1,7 promille droht dir:

1. Welche Strafe droht Ersttätern bei 1,7 Promille?

Wer aufgrund Alkoholkonsums fahruntüchtig ist und trotzdem Auto fährt, macht sich der Trunkenheit im Straßenverkehr gemäß § 316 StGB strafbar. Man gilt aber nicht schon bei jedem geringen Alkoholkonsum als fahruntüchtig. Für die Fahruntüchtigkeit sind folgende Promillegrenzen entscheidend:

  • Ab 0,3 Promille, wenn zugleich Ausfallerscheinungen auftreten, z.B. wenn man Schlangenlinien oder mit überhöhter Geschwindigkeit fährt („relative Fahruntüchtigkeit“).
  • Ab 1,1 Promille ist ein Autofahrer in jedem Fall – also unabhängig von Ausfallerscheinungen – fahruntüchtig („absolute Fahruntüchtigkeit“).

Wer diese Grenzwerte nicht überschreitet, verübt zwar keine Straftat, unter Umständen aber immer noch eine Ordnungswidrigkeit (ab 0,5 Promille). Fahrer mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,7 Promille begehen aber auf jeden Fall eine Straftat. Ersttäter müssen dann mit folgenden Sanktionen rechnen:

  • Drei Punkte in Flensburg.
  • Fahrverbot und Führerscheinentzug: Bei einem Promillewert von 1,7 darf der Fahrer meistens zwischen sechs Monaten und fünf Jahren kein Auto fahren. In besonders schweren Fällen kann der Führerschein zudem auch lebenslang entzogen werden.
  • Geldstrafe von meist 30 bis 40 Tagessätzen oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bei schwereren Verstößen.
  • Eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU). Die MPU kann zwischen drei Stunden und einem Tag dauern und kostet in der Regel zwischen 300 und 400 Euro
Was droht in der Probezeit?

Fahranfänger, die sich noch in der zweijährigen Probezeit befinden, müssen besonders aufpassen. Bei ihnen werden Verkehrsverstöße und insbesondere Trunkenheitsfahrten deutlich strenger geahndet als bei erfahrenen Verkehrsteilnehmern. Es gilt die sogenannte „Null-Toleranz-Grenze“. Danach dürfen Fahranfänger ausschließlich mit 0,0 Promille ein Kraftfahrzeug führen. Schon ein Bier kann daher Sanktionen nach sich ziehen!

  • Während bei geringeren Promillewerten Bußgelder, Punkte in Flensburg und Fahrverbote drohen, müssen Fahranfänger mit einem Alkoholgehalt von über 1,09 Promille den Führerschein ganz abgeben. Daneben müssen sie mit einer Geld- oder sogar Freiheitsstrafe rechnen.
Fazit

Möglicherweise tätest du gut daran einen Anwalt für Verkehrsrecht aufzusuchen.

So oder so gilt alles über 1,1 Promille als Trunkenheitsfahrt - Straftat.

Notstand ist hier schwerlich zu begründen. Fällt also weg.

1

Wenn es über 1,09 Promille waren, und davon ist wohl auf jeden Fall auszugehen, war das eine Straftat.

da du minderjährig bist, wird es wahrscheinlich einige sozialstunden als Jugendstrafe. Für den Führerschein wirst du aller Voraussicht nach ersteinmal gesperrt.

Es gab ein Notfall deswegen musste ich fahren

nein, für Alkohol in Straßenverkehr gibt es absolut keine Rechtfertigung. Je eher du dies einsiehst umso eher wirst du einen Führerschein machen können. Wenn du aufgrund eines notfalls dringend irgendwo hin musst rufe ein Taxi oder Ähnliches aber fahre niemals selbst

Marie170461819 
Fragesteller
 02.05.2024, 11:40

Was würdest du denken wie lange ich gesperrt werde?

0
Stefan1248  02.05.2024, 12:30
@Marie170461819

Weis ich nicht sicher und kommt auch auf den Promille Wert im Blut an.

aber mit 1 oder 2 Jahren würde ich rechnen. Ab 1,6 Promille wahrscheinlich auch erst nach einer MPU.

wie oben erwähnt hast Du eine Straftat begangen. Das ist keine Lappalie. Du solltest daher mit einem Anwalt sprechen

2

Meinen herzlichsten Glückwunsch. Ab 1.1 Promille bist du im Bereich einer Straftat. Je nachdem sogar schon bei einem geringeren Wert.

Du kannst jetzt schon die frohe Kunde in der Fahrschule verkünden, dass du eine kleines Päuschen einlegen werden musst. Gut gemacht.

Nur so aus Interesse, was war das denn für ein Notfall?

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – berufl. Hintergrund, 2Rad, Autoverm., Maintenance, Leasing
Marie170461819 
Fragesteller
 02.05.2024, 11:47

meine Mutter liegt im sterben und es sah nicht gut aus, aus diesem Grund wollte ich nach Hause.

0
Dommie1306  02.05.2024, 12:05
@Marie170461819

Nein, das ist kein Notstand nach §34 StGB (siehe meine Antwort). Da hättest du dich fahren lassen, ein Taxi nehmen o.ä. können. Mit der Argumentation dürftest du nicht aus der Nummer rauskommen...

2

Wenn 1,7 festgestellt wurden muss man erst mal davon ausgehen. Nach Deinem Gefühl geht es nicht. Ab 1,6 geht man davon aus daß der Beschuldigte Alkohol gewohnt ist und auch gewohnt ist alkoholisiert zu fahren. Eine "untrainierte" Person kann das nämlich nicht. D.h. für Dich daß vor dem Erwerb der Fahrerlaubnis eine MPU verlangt werden könnte. Herzlichen Glückwunsch.

Es gab ein Notfall deswegen musste ich fahren.

Muss man nie. Für Notfälle gibt es Rettungsdienste oder es findet sich jemand der noch fahrtüchtig ist oder ein Taxi oder oder oder... Mit solchen Äusserungen gibt man nur zu daß man es vorsätzlich gemacht hat. Vorsatz verdoppelt die Strafe. Herzlichen Glückwunsch.