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Hallo, KatzenEngel.

Ziele der Freimaurerei sind „…eine aufgeklärte, von der Sklaverei der Vorurteile befreite Lebensführung…“ (Ritualtext) und die Persönlichkeitsentwicklung des Einzelnen.

Dies geschieht nicht, indem man Regeln aufstellt, wie der Einzelne sich zu verhalten habe, sondern vielmehr jeden Einzelnen dazu anregt, sich mit sich selbst (1. Grad), seiner Einbettung in die Gesellschaft (2. Grad) und den Bezug zu dem nicht durch den Menschen Beeinflussbaren (Schicksalsschläge, kosmische/göttliche/Naturkräfte, die eigene Endlichkeit - 3. Grad) auseinanderzusetzen.

Dies geschieht im Zuge von Gesprächskreisen mit spezifischen Diskurs-Regeln (z. B. jeder darf ausreden, jeder legt seine Meinung dar, ohne den Anderen überzeugen zu wollen…) und im Rahmen sogenannter „Tempelarbeiten“.

„Tempel“ ist hierbei vor dem Hintergrund seines Wortstamms („templum“ - Geschützter Raum) zu verstehen. Es handelt sich um einen festen, immer gleichen Ablauf, der aus der philosophischen Ausbildung der Bauhütten-Mitglieder des Kathedralenbaus in der Gotik in die Freimaurerei überliefert wurde.

Hierbei werden Motive des „Bauens“ rezitiert - jedoch nicht in Bezug auf das physische Bauen (Kathedrale), sondern vielmehr als des konstruktiven Akts eines „Bauens“ am eigenen Lebensmodell.

Hierbei gibt es keine expliziten (dogmatischen) Vorgaben, wie das in vielen Religionen der Fall ist. Auch geht es nicht zwingend um einen religiösen Bezug.

Der Einzelne soll sich vielmehr unter Zuhilfenahme symbolischer Werkzeuge, wie sie auch im Kathedralenbau zum Einsatz kamen, sein eigenes Lebensmodell erarbeiten - bis hin zur einzelnen Fragestellung, die ihn aus dem täglichen Leben heraus umtreibt.

Der Austausch über die dabei gewonnenen Erkenntnisse kommt wiederum den Anderen zugute (getreu dem Motto: „Wie der das sieht, ist interessant - muss mir mein Thema ebenfalls einmal unter diesen Vorzeichen durchdenken…).

Höhepunkt der Tempelarbeiten ist in der Regel auch der Vortrag eines Redners, der dieses Amt übernommen hat und gewisse Aspekte, die er für Durchdenkenswert erachtet, dabei vorträgt.

Bei der Aufnahme neuer Mitglieder oder der Beförderung in den jeweils nächsten Grad (Lehrling -> Geselle -> Meister) findet zudem eine Art Theaterspiel statt, in dem der Aufzunehmende/zu Befördernde mitspielt.

Er wird hierbei aus dem Handlungskontext heraus mit gewissen Aspekten bekannt gemacht - bisweilen auch konfrontiert, die zwar wenig spektakulär sind (man könnte boshaft behaupten, sie stünden auf jedem Abreiß-Küchenkalender).

Aus dem situativen Kontext heraus prägen sich diese Themenanstöße jedoch tief ein und führen zu einer automatischen, unbewussten Auseinandersetzung mit diesem Themenkomplex.

Diese Art der Themen-Bearbeitung nennt man Initiation, die weit in die Anfänge der menschlichen Kultur zurückgeht, aber nur noch - unter gänziich anderen Vorzeichen - in Naturvölkern (Mannwerdungs-Riten), religiösen Vereinigungen (dort aber „verschüttet“ - z. B. Katholische Taufe) oder eben in der Freimaurerei heute noch zu finden ist.

Bitte stelle gerne konkrete Fragen - ich versuche dazu weitere Erläuterungen zu liefern.

Herzliche Grüße

krato333

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
KatzenEngel 
Fragesteller
 01.09.2019, 15:10

Danke für Deine ausführliche Antwort und liebe Grüße zurück :-)

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Die Welt ins Chaos stürzen durch Kriege und Kriesen,um aus dem Chaos eine neue Ordnung zu schaffen. Macht um jeden Preis.

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