Was bedeutet das Wort Kastendünkel?

4 Antworten

etwa= die Arroganz der Oberschicht

Zum Begriff "Kaste" siehe Stichwort: Kaste + Indien

Wie von Bswss vorgeschlagen, kann man "Kastendünkel" als "Arroganz der Oberschicht" umschreiben.

Im Duden heißt es zu "Dünkel": übertrieben hohe Selbsteinschätzung aufgrund einer vermeintlichen Überlegenheit; Eingebildetheit, Hochmut

Der Begriff "Kaste" wurde in Auseinandersetzung mit dem indischen Gesellschaftssystem ca. im 18. Jh. geprägt. Hugald Grafe beschreibt:

„Kaste ist nicht Klasse, Rasse, Zunft, Sippe oder Stand. Von allem trägt sie Elemente in sich. Aber sie ist mehr als die Summe. Sie ist die unaufhebbare und unaufgebbare Identität der Geburt in einer festen sozio-religiösen hierarchischen Verflochtenheit in einer eigenen Kultur oder Subkultur. Sie verbindet und trennt durch Abstammung, Heirat, Familie, Sprache, Gestik, Küche, Name, Kleidung, Beruf, gesellschaftlichen Verkehr, Riten und vieles mehr."

In dieser Erklärung ist es auch anwendbar auf eine sich stark abgrenzende Oberschicht in Europa, auf die sich Tucholski bezieht. Ich finde es problematisch, hier die Erklärungen für das indische Kastensystem heranzuziehen, denn Tucholski bezog sich ja nicht auf Indien, sondern auf die Verhältnisse in Deutschland kurz nach Ende des 1. Weltkrieges und kurz nach der Novemberrevolution, die zum Sturz des Deutschen Reiches und des Kaisers, sowie zur Ausrufung der Republik am 9. 11. 1918 geführt hatte. Er bezog sich also auf die damals aktuellen Ereignisse, die den Sturz der Monarchie, und des gesamten Adels und die Ermächtigung des Volkes erzielten. Es sind eben diese politischen Ereignisse, die wohl Anlass für die gesamte Zeile "Schlag, Volk, den Kastendünkel nieder" gaben. Denn in der Revolution, begonnen mit den Matrosenaufständen, hat sich eben das Volk gegen die herrschende Hohenzollern-Monarchie, im weiteren Sinn gegen die sich nach der o.g. Art von der Bevölkerung abhebende soziale Schicht/ "Kaste", aufgelehnt.

"Kasten" sind Gruppen mit ausgeprägter Zurammengehörigkeit, die sich gegen Aussenstehende abschliessen; "Dünkel" sind die dazugehörigen Überlegenheitsgefühle und -einstellungen.