Warum müssen bei gleichem Nennstrom Leitungen für Gleichströme einen größeren Querschnitt haben?

6 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Das klingt nach "verkorksten Halbwissen".

Trafos können nur Stromänderungen verarbeiten. Das ist also Wechselstrom oder "zerhackter Gleichstrom" (wird be DC/DC Wandlern gemacht).

Da ist aber ein wahrer Kern an der Aussage, dass man DC Systeme mit dickeren Kabelquerschnitten bei gleichem Strom auslegt.

Abgesehen von sehr wenigen Ausnahmen laufen DC Systeme mit kleineren Spannungen als AC Systeme. Das liegt eben daran, dass man DC nicht so einfach und effizient transformieren kann. Die meisten DC Systeme laufen mit weniger als 100V, gängig sind 12V (Auto) 24V (LKW, Industriesteuerungen), 24V, 36V, 48V oder 80V (einfache Elektrofahrzeuge wie Gabelstapler). Ausnahmen gibt es natürlich bei Sicherheitslichtgeräten (210V Batterie für 230V Glühbirnen in Notbeleuchtung), Solaranlagen (viele Paneele in Reihe geschaltet) und Elektroautos und -LKW.

Es ist egal, ob der Strom in einem Leiter AC oder DC ist, die Verluste sind bei einer überschaubaren Länge und Leistungen die transportiert werden die gleichen. Aber bei einer Anlage die auf niedriger Spannung läuft, bedeutet der Spannungsfall über eine Leitung besonders hohe Verluste. Wenn auf einer 230V Leitung 3V am Ende "fehlen", dann ist das nicht viel, der Verbraucher bekommt ja immer noch fast die gesamte Spannung und der Verbraucher hat dann auch fast die normale Leistung. Bei einem 12V System sind 3V aber bereits ¼ der Versorgungsspannung die da "verschwindet" und der Verbraucher hat dann nur noch etwa halbe Leistung gegenüber den vollen 12V die er bekommen sollte.

Also muss man die Leitungen in einem 12V System selbst bei gleichem Strom viel dicker auslegen als in einem 230V System, egal ob AC oder DC. Nur sind halt 230V Systeme normalerweise AC und 12V Systeme normalerweise DC. Schaut der Halbwissende Laie auf diese Fakten, dann kommt der zu dem Schluss, dass DC dickere Kabel braucht als AC, den Zusammenhang mit der Spannung und damit den Prozentualen Verlusten des Systems kriegt der nicht unbedingt hin.

Diese Beobachtung bekräftigt ja auch der Blick auf Solaranlagen. Die haben sehr hohe Voltzahlen aber trotzdem viel dickere Kabel als andere Systeme mit gleichem Strom oder Leistung. Hier ist der Grund aber, dass man den teuer errungenen Solarsaft nicht sinnlos verschwenden will. Hier gibt man dann viel geringere akzeptable Verluste vor und das erfordert dann halt dickere Kabel, aber auch hier ist es egal, ob das DC oder AC wäre.

Hier habe ich ein schönes Video das besonders gut erklärt wie solche "Fehlanalysen" entstehen:

https://www.youtube.com/watch?v=ZyLVIvBidIA

Das US Militär hat sich Bomber die im 2. Weltkrieg zurück kamen angeguckt und versucht heraus zu finden wo die am meisten getroffen werden, also wo die am meisten gepanzert werden müssen.

Was die nicht bedacht haben ist, dass die Bomber woanders getroffen wurden einfach nicht zurück kamen. Das US Militär hat aber daraus geschlossen, dass die diese Stellen die bei ZURÜCKGEKOMMENEN Flugzeugen nicht getroffen wurden auch nicht gepanzert sein müssen. Schöne Analyse, saubere Statistiken, aber das Ergebnis ist wegen eines kleinen Details das genaue Gegenteil!

So ist das dann auch bei Deinem Lehrer. Der hat da einiges übersehen, beziehungsweise weiß nichts über bestimmte, sehr wichtige Details und kommt so zu den völlig falschen Schlüssen.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Aron5 
Fragesteller
 24.02.2024, 21:28

Wow, das mit den Bombern ist ein echt gutes Beispiel.

Ja, auch das mit Spannungsfall macht absolut Sinn, zumal ich das mal vor ein paar Jahren selber durch Berechnungen herausgefunden habe als ich die Querschnitte für EuKs nach maximal zulässiger Fehlerspannung ermittelt habe.

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Hier treffen durchaus schon tatsächlich viele alte Erfahrungen und Lehrbücher zu Zeiten Edisons vs. Tesla, bzw. Wechsel- / vs. Gleichspannung aufeinander.

Technisch werden wohl durchaus die Elektronen im Leiter eines Gleichspannungsnetzes physikalisch im Material vorangedriftet in einer Richtung, während es im Wechselspannungsnetz nur etwas hin und her bewegt wird.

Zudem kann eine Spule mit gepulster Gleichspannung natürlich grundlegend auch arbeiten, aber halt nicht immer ganz so effizient wie mit sinusförmiger Wechselspannung in seiner Ausschöpfung der verschiedenen Wechselwirkungspotenziale.

Zur Ehrwahrung Teslas lag es in der Verbreitung der Netzspannungsform einfach nur daran, dass AC vs. DC dort allgemeingebräuchlich in der Gebietzsversorgung mit weniger technischem Aufwand ohne zusätzliche Bauteile günstiger erzeugbar, ünd mit etwas weniger Leitungsverlust auch über längere Strecken kompensierbar und günstiger fernübertragbar war am selben System mit nahezu doppelt so hoher Amplitudendifferenz zur effektiven Ausschöpfung gegenüber den pysikalisch resultierenden Leitungsübertragungsdifferenzen.


Aron5 
Fragesteller
 24.02.2024, 21:23

„Zudem kann eine Spule mit gepulster Gleichspannung natürlich grundlegend auch arbeiten, aber halt nicht immer ganz so effizient wie mit sinusförmiger Wechselspannung in seiner Ausschöpfung der verschiedenen Wechselwirkungspotenziale.“

Liegt das an der Magnetisierung?

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Was die reine Stromtragfähigkeit der Leitung angeht, macht es bei der exakt selben Stromstärke, z.b. 20 A DC und 20 A (effektiv) AC, keinen Unterschied, denn es wird innerhalb Zeitspanne x die gleiche Menge an elektrischer Energie umgesetzt (u.a. deshalb verwendet man den Effektivwert).

Höhere Querschnitte bei DC sind trotzdem üblich, aber nicht wegen des Gleichstroms, sondern wegen der i.d.R. deutlich kleineren Spannungen (24V, 48V, 60V, 110V etc.) in Verbindung mit langen Leitungen, damit der Spannungsabfall verringert wird.

Auch werden Schaltkontakte für DC (die schließlich ebenfalls Leitunten sind, nur schaltbar) höher dimensioniert. Bei AC hast du einen Nulldurchgang, bei DC nicht. Deshalb wird die Strombahn während des Trennens erst dann gänzlich getrennt, wenn der Trenner weit genug geöffnet wurde, sodass die Isolationsfestigkeit dieser "Luftstrecke" hoch genug ist und der Lichtbogen nicht mehr steht. Bei AC geschieht die Löschung auch im Bereich des Nulldurchgangs während der Trennung.

Ein Transformator basiert auf dem Induktionsgesetz und funktioniert nur mit Wechselspannung. Wo es kein dphi/dt gibt, gibt es auch keine induzierte Spannung.


Aron5 
Fragesteller
 24.02.2024, 21:21

Ich habe es jetzt mal durchgerechet und es erscheint mir auch logischer dass es eher mit Spannungsfall zu tun hat.

Das mit dem Nulldurchgang wusste ich bereits. Dazu gibt es ja auch zahlreiche Beispiele. Nur das mit dem Spannungsfall das wusste ich noch nicht und mir erschien die Erklärung des Ausbilders dazu ziemlich unschlüssig.

Andererseits war mir klar dass an der Regel was dran sein muss wenn sie überall benutzt wird.

„Ein Transformator basiert auf dem Induktionsgesetz und funktioniert nur mit Wechselspannung. Wo es kein dphi/dt gibt, gibt es auch keine induzierte Spannung.”
Und Übertrager welche veränderliche Gleichspannungen übertragen können. Aber ohne Veränderung passiert überhaupt nichts.

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Das einzige, was mir dazu einfällt, ist der Zusammenhang mit Kleinspannung. Aber auch hier wäre es unabhängig von Wechsel-/Gleichspannung. Nur trifft man in der Regel die Gleichspannung in Kleinspannungsnetzen an. Und wenn z.B. bei 12V oder 24V DC 10A fließen, fällt an einer 1,5mm² die gleiche Spannung ab wie im 230V Wechselspannungsnetz. Jeodhc ist der Spannungsfall in % im Verhältnis zur Nennspannung wesentlich größer. Deshalb muss man hier bei gleicher Belastung höhere Querschnitte nehmen, damit am Ende noch ausreichend Spannung ankommt...


RareDevil  24.02.2024, 11:21

Zum Thema "Transformator und Gleichspannung" geht das mit einem herkömmlichen Trafo ohne zusätzliche Elektronik nicht. Schaltnetzteile könnte man aber tatsächlich auch mit Gleichspannung betreiben. Diese richten sowieso erst einmal gleich, und zerhacken dann die Gleichspannung hochfrequent, so dass diese pulsierende Gleichspannung dann über entsprechende Transformatoren wieder in andere Spannungen transformiert werden kann. Ähnliches wird auch bei Höchstspannungsgleichstromleitungen gemacht. Leistungselektronik zerhackt die Gleichspannung bzw ein Wechselrichter macht daraus wieder Wechselspannung, um diese wieder transformieren zu können.

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Aron5 
Fragesteller
 17.03.2024, 09:08
@RareDevil

Genau so habe ich das auch gelernt. Und das schon vor 20 Jahren im Gymnasium. Und ein fünfzigjähriger Elektriker mit AUsbilderschein weiß das nicht? Da blüht mir ja eine tolle Zeit nach meiner Ausbildung!

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An einem normalen Trafo funktioniert Gleichspannung natl. nicht, aber es gibt inzwischen leistungsfähige Elektronik, die eben doch eine Gleichspannung transformieren kann und im Großen gibt es auch HochspannungsLeitungen mit Gleichspannung, die ebenfalls transformiert wird.