Blickwechsel 11. März 2021
Deine Fragen an einen Buddhisten
Alles zum Blickwechsel

Stimmt es wirklich, dass Buddhisten kein Lebewesen jeglicher Art töten dürfen?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
Stimmt es wirklich, dass Buddhisten kein Lebewesen jeglicher Art töten dürfen?

Ja, das stimmt. 

Das Töten von Lebewesen bringt schlechtes Karma. Genauso ist es "verboten", wenn man es in Kauf nimmt, dass ein Tier für einen getötet wird. Schon das führen zur Schlachtbank gilt als unheilsam.

Der Grund ist sehr einfach. Ein Tier ist ein fühlendes Wesen, genau wie der Mensch. Es besitzt die Fähigkeit zu leiden & glücklich zu sein. 

Etwas anderes ist es natürlich, wenn man durchs Gras läuft und dabei Insekten zertritt. Der Unterschied ist, dass hier die Tötungsabsicht fehlt & die Kompetenz das zu verhindern.

Seit Ihr als Schlußfolgerung daraus Veganer?

In der Tat gibt es viele Buddhisten, welche daraus das Resümee ziehen, dass man vegan leben muss. Ich selber bin Vegetarier & Versuche ab & an einen veganen Tag einzulegen. Ich halte Veganismus für den richtigen Weg & möchte ihn irgendwann voll gehen. Beispielsweise eine Kuh die Milch gibt, muss für diesen Prozess permanent schwanger sein. Das fordert von dem Tier natürlich einiges ab. Wenn man also über das Empfindungs-Bewusstsein der Tiere argumentiert, dann sollte man logisch betrachtet wirklich vegan leben.

Der Buddha selber war Vegetarier. Vegetarismus war auch ein integraler Bestandteil seiner Lehre. Aber viele Buddhisten sind der Überzeugung, dass Buddha wenn er heute leben würde Veganer wäre. Früher war die Auswahl an Lebensmitteln noch nicht zu groß, weshalb Veganismus keine überlebensfähige alternative war. Heute ist das natürlich anders. Ich empfehle diesen Artikel aus der Zeitschrift BuddhismusAktuell, wo das ganze in einem Interview erklärt wird: https://buddhismus-aktuell.de/artikel/ausgaben/20161/die-stimme-der-schwachen.html

Kajjo  13.09.2021, 12:37
Beispielsweise eine Kuh die Milch gibt, muss für diesen Prozess permanent schwanger sein.

Das ist sachlich unzutreffend. Weder sind stillende Mütter noch Milch gebende Kühe dabei schwanger.

0
Bodhgaya  14.09.2021, 21:58
@Kajjo

Ich habe anderes gehört:

Neun Monate ist die  Kuh trächtig, nur in den zwei Monaten vor der nächsten Geburt, in denen sie ''trockensteht'', produziert sie keine Milch. Das bedeutet: Die  Milchkuh befindet sich in einer Dauerschwangerschaft, jedes Jahr einmal, und wird gemolken, während sie trächtig ist.
Quelle: https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/trinken/milch/pwiediemilchkuheinlebenfuerdiemilch100.html#:~:text=Neun%20Monate%20ist%20die%20Kuh,gemolken%2C%20während%20sie%20trächtig%20ist.; Zuletzt geöffnet: 14.09.2021, 11:56.

Oder hier:

Um die Milchproduktion auf ein Höchstmaß zu steigern, werden Milchkühen gentechnisch erzeugte Wachstumshormone gespritzt, und einmal im Jahr werden sie künstlich geschwängert. In den meisten US-Milchbetrieben werden die Kühe mit Maschinen zehn Monate lang gemolken, auch in den sieben Monaten ihrer Schwangerschaft. Dieses ständige Geschwängertwerden und Milchgeben belastet den Körper derart, dass viele Kühe zu lahmen beginnen oder an Mastitis erkranken, einer Euterinfektion, die zu schweren Entzündungen führen kann.
Quelle: Joy, Melanie: Warum wir Hunde lieben, Schweine essen und Kühe anziehen; 1. deutsche Auflage, Münster 2013, S. 68f.

Aber es geht mir weniger um diese konkrete These, sondern eher um die Tatsache, dass auch der Verzehr von Tiererzeugnissen (Milch, Eier & Honig) fast immer Leid verursacht. Das mit der schwangeren Kuh war nur ein Beispiel. Ich hätte auch erzählen können, dass die Bienen anstelle ihres Honigs ein Zuckerwasser zu essen bekommen, worauf sie eher zu Krankheiten neigen. Oder dass die Eierschale einem Huhn in der Maßtzucht so viel Kalzium wegnimmt, dass die Tiere eher zu Knochenbrüchen leiden. Und, und, und...All das zu verantworten ist nicht buddhistisch. Denn als Buddhist muss man gegen das Leid aller empfindungsfähigen Lebewesen vorgehen.

0
Stimmt es wirklich, dass Buddhisten kein Lebewesen jeglicher Art töten dürfen?

Das ist zumindest das Ideal.

So tragen in China und Japan die Mönche traditionell bei ihren Pilgerfahrten und Bettelrunden einen Stab mit Metallringen, mit denen sie auf den Boden stoßen, um Tiere zu verjagen, damit sie nicht versehentlich verletzt werden.

Allerdings sind beispielsweise die Mönche des Jainismus sogar noch konsequenter und führen eine Art Staubwedel mit sich, dem sie den Boden vor sich fegen. Auch tragen sie häufig eine Stoffmaske vor dem Mund um nicht versehentlich Insekten einzuatmen.

So schön das Ideal auch ist - um zu Überleben, töten wir zwangsläufig. Sei es eine Pflanze, ein Insekt, oder ein Bakterium, dass von unserem Immunsystem "ermordet" wird. Daher sollte man auch nicht allzu weltfremd werden.

Es wird manchmal heftig diskutiert, ob nur bewusstes Töten ein Problem ist - weil man den Willen hat zu töten, also eine aggressive Geisteshaltung - während unbewusstes Töten (Insekten zertreten) kein Problem darstellt.

Seit Ihr als Schlußfolgerung daraus Veganer?

Der Buddha und seine Schüler lebten vom Almosengang und mussten nehmen, was ihnen gegeben wurde. Da durch den Hinduismus die vegetarische Ernährung bereits recht verbreitet war, aßen sie also meist vegetarisch.

In den Regeln für die Mönche werden bestimmte Formen von Fleisch verboten - etwa das Aas von toten Tieren, oder wenn ein Tier extra für den Mönch getötet wurde, da er sonst eine Verantwortung für den Tod hat.

Buddha selbst starb an einer Lebensmittelvergiftung. Bei der Deutung des damals für die Speise benutzten Begriffs streitet man bis heute darüber, ob es ein Gericht mit Schweinefleisch war, oder mit Trüffeln, die von Schweinen gerne gefressen werden.

Abgesehen von einigen Ausnahmen war damals als auch das maßvolle Essen von Fleisch durchaus nicht unüblich.

In China

Als der Buddhismus nach China kam, änderte sich viel. Das Betteln war sozial dort nicht akzeptiert und das Klima war kühler, was zu einer Anpassung der Kleidung führte. Um zu Überleben, bauten die Mönche selbst Obst und Gemüse an.

Das führte dazu, dass sie selbst bestimmen konnten, was sie aßen - und so kam es zu einem Vegetarismus-Boom. Viele Schriften aus dieser Periode enthalten teils sehr drastische Aufforderungen zur vegetarischen Ernährung, bis hin zu Drohungen.

Diese pro-vegetarische Bewegung breitete sich dann auch bis nach Japan aus, wo die entsprechenden Edikte des spöttisch Hunde-Shogun genannten Herrschers aber schließlich wieder verworfen wurden

Fallstrick Egoismus

Viele moderne Buddhisten sind Vegetarier, manche auch Veganer. Allerdings sollte man dabei einige Punkte nicht aus dem Auge verlieren:

Wer etwas "gutes tut" tendiert dazu, sich moralisch überlegen gegenüber anderen Menschen zu führen. Man muss also darauf achten, nicht ego-bezogen und überheblich zu werden, so dass man auf andere herabblickt.

Fallstrick Dankbarkeit

Mit welcher geistigen Haltung essen wir? Schauen wir fernsehen und essen nebenher mechanisch, schmecken vielleicht gar nicht, was wir auf der Zunge haben? Das scheint vielleicht kein großes Problem zu sein.

Tatsächlich sollten Buddhisten aber ein Gefühl der Dankbarkeit entwickeln. Daher gibt es beispielsweise "Tischverse", mit denen man sich bewusst macht, wie viel Arbeit von Pflanze, Tier und Mensch in einer Mahlzeit steckt.

Es kann durchaus sein, dass jemand dankbar und in Respekt für das Opfer des Tieres ein Steak isst, während eine andere Person blindlings unmengen an vegetarischem Kartoffelsalat in sich stopft.

Auch das ein Grund, den Kopf nicht zu hoch zu tragen, nur weil man Vegetarier ist.

Fallstrick Gesundheit

Im Buddhismus wird Nahrung als "Medizin" für den Körper verstanden, damit man mit einem gesunden Körper die Meditation praktizieren kann. Es geht also nicht so sehr um guten Geschmack, sondern um die Gesunderhaltung.

Wer sich nur von vegetarischen Puddings und veganer Schokolade ernährt, schadet vielleicht weniger Lebewesen - ein solcher "Pudding-Vegetarier" macht sich aber selbst krank und verfehlt damit den Sinn der Ernährung

Fazit

Manche Buddhisten sind Vegetarier, manche Veganer und manche essen fast alles, was ihnen essbar erscheint (die mehrheitlich buddhistischen Thai mögen angeblich frittierte Kakerlaken. ;-)