Ovid Metamorphose für Klausur?

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Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Bei Diana - kommt es zur Verwandlung in einen Hirschen

bei Daphne - in einen Lorbeer

beides sind Verwandlungen, aus Schutz - um die Jungfräulichkeit/um sich vor dem Anblick zu schützen

was noch dazu passt, ist die Metamorphose der "Syrynx", die von ihren Schwestern in Schilfrohr verwandelt wird, um sie/ihre Jungfräulichkeit vor dem sie verfolgenden Hirtengott Pan zu schützen.

Alle 3 Metamorphosen sind Flucht-/Schutz-Verwandlungen

Genau das Gegenteil: ein Täuschungs-Verwandlung, um die Jungfräulichkeit Europas zu rauben, ist Zeus' Verwandlung in einen Stier (Buch 2, 833ff.); und dieses Bild von Europa, wie sie auf dem Stier reitet, wurde auch oft künstlerisch dargestellt.


kaesekucheeenn 
Fragesteller
 23.05.2020, 17:00

Okay super, die der Syrynx schau ich mir auf jeden Fall mal an! Unser Leher meinte eben, dass eine Aufgabe sein wird den Charakter der Person mit dem von Diana oder eben Daphne zu vergleichen

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rhenusanser  23.05.2020, 18:05
@kaesekucheeenn

Zuerst, als du "etwas Künstlerisches" geschrieben hast, war mein spontaner Gedanke: Pygmalion - hier erschafft sich Pygmalion seine ideale (jungfräuliche) Partnerin, die Dank Venus zum Leben erwacht.

Als Hintergrundinformation muss man wissen, dass auf Zypern, der Insel der Liebesgöttin Venus, die Göttin einige Frauen (die Propoetiden), in Statuen verwandelt hatte. Sie hatten das Göttliche der Liebe geleugnet und sich prostituiert. Daher ist das Geschenk der Venus an Pygmalion, indem sie seine Bitte erhört, die Götter mögen ihm doch seine von ihm erschaffene Statue zur Frau geben, umso größer. Denn es zeigt, dass Venus, die vorher die unreinen, schamlosen Frauen in Statuen verwandelt hat, nun eine in ihren Augen reine, jungfräuliche Figur als Wert ansieht, dass sie sie zum Leben erweckt und aus einer Statue zum Menschen verwandelt. In Venus/der Göttin Augen ist Pygmalions Jungfrau das Sinnbild für eine reine Unschuld.

Im Gegensatz zu deinen (gelesenen) Flucht- oder Schutzverwandlungen zum Schutze der Jungfräulichkeit vor dem liebestollen Apoll bzw. vor den Augen Actaeons, kommt es hier zur Verwandlung, weil einerseits Venus den "Charakter" der Statue für Wert empfindet und zum anderen als Belohnung für Pygmalion, der sich "gottesfürchtig" gezeigt hat und in ihrem Tempel an ihrem Feiertag seinen Wunsch vorgetragen hat.

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kaesekucheeenn 
Fragesteller
 23.05.2020, 18:30
@rhenusanser

Naja mit künstlerisch meinte ich nur, dass wir als letzte Aufgabe ein Bildvergleich bekommen

Die hier erwähnte Metamorphose klingt zwar gut aber ich glaube nicht, dass man hier noch einen Charaktervergleich mit Daphne machen kann, dennoch vielen Dank!!

Ich habe nur noch zwei Fragen zu der von Pan und Syrinx: in wie viele Teile würdest du die Metamorphose gliedern und welche Stilmittel findest du auffallend

Mir persönlich fällt es nämlich schwer hier Stilmittel zu finden und ich glaub ich hätte sie in 3 teile gegliedert aber bin mir da unsicher

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rhenusanser  23.05.2020, 19:12
@kaesekucheeenn

https://lateinon.de/uebersetzungen/ovid/metamorphosen/pan-syrinx-689-712/

Hier ist eine gute Übersetzung.

Und ob du sagst, in 2 oder 3 Teile, wenn du das gut begründest, ist es in Ordnung. Der Hauptteil beginnt auf jeden Fall ab V.698

nur der Schluss stimmt von der Übersetzung nicht so ganz: tenuisse ist besser mit "bewahren" zu übersetzen -> also:

daß er, nachdem er Schilfrohre von verschiedener Länge durch Wachs als Bindemittel miteinander verbunden hatte (abl. abs), den Namen des Mädchens erhalten/bewahrt habe.

Anmerkung: der Text ist komplett in der indirekten Rede übersetzt. Das ist Geschmacksache. Kann man machen, muss man aber nicht.

Nun zu den Stilmitteln: die schicke ich dir in einem extra Kommentar, ich gehe davon aus, es kommt nur der Hauptteil dran

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kaesekucheeenn 
Fragesteller
 23.05.2020, 20:11
@rhenusanser

Okay, vielen lieben Dank, ist echt nett von dir, vor allem, dass du dir Mühe gibst und dir Zeit nimmst!!

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rhenusanser  23.05.2020, 20:45
@rhenusanser

V.697-702 Enjambement (Satz über mehrere Verse hinweg) hier: Satz beginnt in der Mitte von V.697 und endet erst in V.702 (geht bis „venerit“)

V.699 a) Parallelismus (ähnlich gebaut) „talia verba refert“ und „restabat verba referre“

b) Alliteration „refert – restabat – referre“

c) Polyptoton (gleiches Wort mit unterschiedlicher Kasus- oder Personalendung) „refert – referre“

d) Homoioteleuton (=Endungsgleichklang) acuta – talia – verba (V. 698,699)

V.701 a) zwei Hyperbata (Sperrstellungen) „harenosi…Ladonis“ und „placidum…amnem“

b) Alliteration (gleicher Buchstabe am Wortanfang) „ad – amnem“

c) Metapher (Bild/bildhafte Beschreibung) „harenosi placidum Ladonis ad amnem“

V.702 a) Homoioteleuton (s.o.) “illam – cursum” und “inpedientibus – undis”

b) Homoioptoton (Endungsgleichklang wegen des gleichen Kasus) „illam – cursum“ und “inpedientibus – undis”

V.703 a) Hyperbaton „liquidas… sorores“; b) ist gleichzeitig eine Metapher (Bild)

V. 705 Hyperbaton „calamos – palustres

V.706 a) Hyperbaton “motos – ventos”;

b) Antithese V.702 und V.706 “undis – ventos“

V.707 a) Homoioteleuton „sonum – tenuem – similem”

b) Homoioptoton “sonum – tenuem – simile”

V.708 a) Alliteration “deum dulcedine”

b) Hyperbaton “arte – dulcedine” und “deum – captum“

V.709 a) Antithese „mihi – tecum“

b) Hyperbaton “hoc – colloquium

V. 710 Alliteration “calamis – conpagine – cerae”

V.710, 711 Hyperbaton “calamis – iunctis” und “nomen puellae“

Dann ist auffällig, dass es als Rede von: „talia verba refert — restabat“ abhängt und als AcI formuliert ist, in der fast nur Infinitiv Perfekte vorkommen (fugisse – orasse – effecisse – dixisse – tenuisse). 

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rhenusanser  23.05.2020, 22:02

und da meist auch die Metrik gefordert wird und einige Zeilen skandiert werden müssen, hier die letzten 3 Verse als Beispiel;

hoc mi-hi | col-lo-qui-|-um te-|-cum' di-|-xis-se 'ma-|-ne-bit,'

= / uu | / uu | _ _ | _ _ | / uu | / x

hoc (betont lang / wegen nachfolgendem Doppelvokal = Positionslänge) mi-hi = 2 unbetonte Kürzen uu; col-lo-qui-um (col = Positionslänge; lo- unbetont, den „qu“ zählt nicht als Doppelkonsonant; qui- unbetont; um = Positionslänge); te-cum (te = unbetonte Naturlänge „_“, cum = Positionslänge); di-xis-se (di = unbetonte Positionslänge, denn „x“ zählt als Doppelkonsonant; xis- = betonte Positionslänge; se = unbetont) ma-ne-bit (=ma = unbetont; ne = betonte Naturlänge; bit = letzte Silbe endet „anceps“ x) Ich habe dir diesen Vers mal ausführlich erklärt, falls dir die Regeln des Hexameters noch nicht so ganz klar sind.

at-qu(e) i-ta | dis-pa-ri-|-bus ca-la-|-mis con-|-pa-gi-ne | ce-rae  Elision: atqu-ita

/ uu | / uu | / uu | _ _ | / uu | / x

in-ter |se iun-|-ctis no-|-men te-nu-|-is-se pu-|-el-lae  (hier keine Elision bei se iunctis, weil das „i“ von iunctis als „j“ ausgesprochen wird und nicht als Vokal zählt)

/ _ | _ _ | _ _ | / uu | / uu | / x

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kaesekucheeenn 
Fragesteller
 23.05.2020, 23:45
@rhenusanser

VIELEN DANK!! wow echt super das alles!!

die metrik kommt in meinem jahrgang zum glück nicht mehr zwingend dran aber schadet nicht das zu wissen da dahinter wirklich ein spannendes system sozusagen ist

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