HEMA und Kendo?
Sind in einem von den beiden Würfe oder Fußfeger erlaubt?
2 Antworten
Was Kendo betrifft, so kann ich keine Aussage treffen, da ich bisher noch nichts mit Kendo zu tun hatte.
HEMA hingegen ist ein großer Begriff. Darunter fallen fast alle historischen europäischen Kampfstiele. Darunter zählten verschiedene Waffengattungen, zu Fuß, zu Pferd, mit oder ohne Rüstung aber auch den unbewaffneten Zweikampf, das Leibringen.
Das Leibringen schaut ein wenig wie eine Kombination aus dem griechischen Ringkampf und Jiu Jitzu aus. Selbstverständlich wird bzw. wurde hier auch mit Tritten, Schlägen, Hebeltechniken, Würfen und Fußfegern usw. gearbeitet.
Nahkampftechniken können, unabhängig der Bewaffnung, in der engen Mensur eingesetzt werden und gelten einfach eine weiter Option um den Widersacher zu überlisten. Hier ein paar Beispiele aus historischen Quellen (von Fiore de Librie 14. Jahhundert):
Ein Fussfeger im unbewaffneten Zweikampf:
Hier wird Kombination aus Armhebel und Fußfeger gegen einen Dolchangriff dargestellt:
Das geht auch wenn man ein Schwert führt:
Hier wird das Schwert als zusätzlicher Hebel in Kombination mit einem Fußfeger verwendet, um den Widersacher zu Fall zu bringen:
Du siehst also das diese Techniken auch zu HEMA gehört und sowohl Im bewaffneten als auch im unbewaffneten Kampf Anwendung finden. Das ist nicht verwunderlich, immerhin musste der Gegner im mittelalterlichen Zweikampf geschlagen werden, egal wie. Es ging oft um nichts geringeres als das eigene Leben. Die Fechtbücher der alten Meister wurden für einen bestimmten Grund geschrieben, sicherlich nicht zu Unterhalten.
Wann du im heutigen HEMA derartige Techniken verwenden darfst wird in der Regel während des Trainings abgesprochen und vom Übungsleiter entschieden, um einen sichern Übungsablauf zu gewährleistet. Beim Freikampf hängt es davon ab, welchen Regulierungen dieser unterliegt.
Diese Techniken gibt es schon über 2500 Jahren. Im laufe der Zeit hat sich das Wissen über Kampfsporttechniken auf dem ganzen Planeten verteilt, wo einst der Ursprung war, bleibt bis heute ungeklärt. Daher ist es kaum verwunderlich, das man in unterschiedlichen Kampfsportarten immer wieder auf die selben, oder ähnliche Techniken trifft.
Nein, das liegt einfach daran, dass die Umstände dieselben sind, selber Körperbau, Ritter und samurai hatten beide Rüstungen und ähnliche Bewaffnung usw., daher kein Wunder, dass die selben oder ähnlichen Techniken entstanden sind
Das Grundprinzip ist zwar das selbe, die Rüstungen und Waffen in Europa waren im Vergleich zu Japan jedoch unterschiedlich, folglich auch die Art mit diesen Waffen zu kämpfen. Daher habe Ich ein Problem damit, wenn Leute glauben man könne einfach so einen Ritter mit einem Samurai vergleichen.
Zunächst müsstest du definieren was für ein Ritter du eigentlich meinst. Die Rüstungen im Mittelalter entwickelten sich von einfachen Lederrüstungen und ersten Kettenrüstungen im Frühmittelalter, über den Einsatz von ersten Plattenharischen im Hochmittelalter bis zur kompletten Plattenrüstung im Spätmittelalter ständig weiter.
Das selbe gilt für mittelalterliche Waffen. Das kann man zum Beispiel ganz gut an der Entwicklung der Schwerter hier in Europa erkennen. Das es ein Unterschied im Umgang mit Schwert und Schild und einem zweibändig geführten Schwert gab, dürfte wohl auf der Hand liegen.
Du kannst also nicht so einfach alle Ritter über einen Kamm scheren und dann auch noch mit einem Samurai vergleichen, dessen Schwert nur eine scharfe Seite hatte und gegen eine andere Art von Rüstung verwendet wurde. Während zum Beispiel das spätermittelalterliche zweihändig geführte Langschwert zwei scharfe Kingenhälften besitzt und vor allem als Stichwaffe gegen Plattenrüstungen verwendet wurde.
Wenn du ein japanisches Tachi (zweihändiges japanisches Kriegsschwert) mit einem Langschwert aus dem Spätmittelalter vergleichen willst und dich im Schwertkampf ansatzweise etwas auskennst, so wirst du schnell feststellen das ein Langschwert, auf Grund seiner Form, mehr Möglichkeiten bietet als es bei einen Tachi der Fall ist. Wodurch selbstverständlich auch ganz andere Techniken angewendet werden konnten.
(Das Katana war übrigens eine zivile Waffe und wurde für Selbstschutz und Duelle verwendet).
Ist eigentlich ziemlich egal ob eine oder zwei scharfe Seiten, man kann eh nur mit einer gleichzeitig angreifen
Es ist nicht unbedingt egal. Du kannst schneller zu anderen Blöse (offene Seite des Gegners) wechseln wenn du Hiebe kombinierst. Das spart wertvolle Zeit und ist somit ein Vorteil, denn du musst dein Schwert nicht erst um 180 Grad drehen um erneut mit einer scharfen Schneide zu treffen.
Du kannst ja mal einen Test machen um zu kucken mit welchem Schwert du schneller bist.
Schlage mal im Daumengriff den Zwerch (eine Hiebtechnik, wird im Video erklärt) mit einen Bastard oder Langschwert zu der rechten oder linken Blöse deines (imaginären) Gegners um mal einen Vergleich zu machen.
In diesem Video wird dir der Daumengriff und unter anderem der Zwerch erklärt (du sieht auch noch weiter Dinge, welche so nicht alle mit einem einschneidenden Schwert nicht möglich sind):
https://m.youtube.com/watch?v=Hka7TrAXLF8
Versuche das mal mit einem einschneidenden Katana, vielleicht verstehst du dann was ich meine.
Das ist ja der Vorteil an der Krümmung, man kann es deutlich schneller wenden, aber ist ja Geschmackssache.
Ich muss aber zugeben, dass ich meine Meinung was HEMA betrifft wegen skallagrim, weil er viel gezeigt hat geändert habe
Wenn die meisten Menschen heutzutage das Wort Schwertkampf hören, denken sie als erstes an Katana und Samurai. Der Grund ist der Mythos dieser Schwerter und deren Besitzer, um welche sich im laufe der Jahrhunderte ein regelrechter Kult entwickelte. Auch die moderne Filmindustrie trägt ihren Anteil dazu bei.
(Ich war diesbezüglich früher auch keine Ausnahme. Ich musste mich erst mit der Materie auseinander setzen um meine Meinung zu ändern)
Leider vergessen die meisten Leute dabei, das auch Europa über eine sehr reichhaltige Tradition verschiedener Kampfkünste verfügt. Das Wissen darüber ist darüber ist im Laufe der Zeit immer mehr in den Hintergrund geraten. Und wurde erst Anfang der 90er Jahre wiederbelebt.
Während sich also um die japanische Tradition des Schwertkampfes weltweit zu ein Kult entwickelte, wurde die europäische weitgehend vergessen.
Wer jedoch bereits ist, zu wissen geglaubtes bezüglich einer Thematik zu hinterfragen, der wird so mache Überraschung erleben. Es freut mich das ich deine Meinung etwas beeinflussen konnte und möchte dir empfehlen weiterhin etwas in der europäischen Schule zu graben, es wird sich definitiv lohnen, wenn du dich für Schwertkampf interessierst.
Zum Schluss möchte ich mich für den Austausch bedanken und dir zwei YouTube Empfehlungen verlinkt um mit dem Mythos des ultimativen Superschwertes Katana aufzuräumen.
(Diesem Mann sollte man zuhören, er weiß wovon er redet. Er hat beide Schulen (vor Ort) studiert, er ist selbst Lehrer für historischen Schwertkampf und nebenbei einer der besten Schwertschmiede Europas)
Der Grund wieso der japanische Schwertkampf bekannter ist liegt daran, dass Sportarten wie Kendo länger trainiert wurden und HEMA relativ neu ist (ich weiß, dass es auf alten Manuskripten basiert). Aber ja, auch die Medien tragen dazu bei und fast niemand weiß, dass die Ritter überhaupt eine Kampfkunst ausübten.
Im Kendo, Wettkampfsport, gibt es gewisse Fußfeger. Ich weiß aber nicht wie explizit die trainiert werden. Im vielen Stilen des mittelalterlichen Schwertkampfes/ HEMA sind wenn die Klingen am Band sind, man spricht auch von Ringen mit dem Schwert, Würfe und Beinfeger, Innen- und Außensicheltechniken möglich. Bei Ken-Jutsu auch. HEMA und Ken-Jutsu benutzen in gewissen Situationen sogar Kicks.
„Im Kendo, Wettkampfsport, gibt es gewisse Fußfeger.” seit dem 2. Weltkrieg nicht mehr und davor gab's auch Würfe und Bodenkampf.
Lol den Griff mit dem Feger hab ich mal in einem Selbstverteidigungs video von bjj Leuten gesehen