Gendern = Verschmutzung der Sprache?

18 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich hab absolut kein Problem mit der gendergerechten Redensart, wenn ich gerade direkt mit einer Person rede, von der ich weiß, dass diese sich nicht klar einem Geschlecht zuordnen kann/mag und auch nicht mit neutral verfassten Texten.

Aber es stört mich extrem, dass das Gendern jetzt irgendwie alle jederzeit machen sollen, besser gesagt: müssen. Und das sogar, obwohl dies manchen Personen unnötigerweise teilweise ernsthafte Probleme bereitet!

Nämlich zum Beispiel wesentlich mehr betroffene Mitmenschen, die z.B. mit Blindheit, Gehörlosigkeit, Lernbehinderungen, kognitive Einschränkungen o.ä. im Alltag klar kommen müssen. Die haben durch ihre Behinderungen nämlich oftmals echt große Probleme mit gegenderten Texten. Das wird aber bislang irgendwie zu gern außer Acht gelassen.

Und ich bin mir sicher, dass es auch mehr Menschen mit derartigen Behinderungen gibt, als Personen, die geschlechtsneutral sind und/oder zumindest geschlechtsneutral o.ä. angesprochen werden möchten.


Svensson70  28.11.2021, 18:38

Hier kann ich nur zustimmen. An die Barrierefreiheit wird leider nicht wirklich gedacht.

1

Die Gendersprache finde ich schrecklich! Man sollte diese Änderungen alle wieder rückgängig machen und deren Verwendung in Behörden, Schulen und Massenmedien verbieten.

Wenn den Leuten die traditionelle deutsche Sprache nicht gefällt, dann sollte man sie lieber durch eine andere ersetzen als sie durch gendern zu verunstalten. Türkisch z.B. hat keine grammatischen Änderungen und ist immer "neutral", das könnten wir hier ja einführen, wenn Deutsch als zu "machomäßig" erscheint.

Ich verstehe warum Gendern helfen kann (da unsere Sprache unser Denken formt) und begrüße auch, wenn das an offiziellen Stellen gemacht wird. Allerdings ist es nunmal ein radikaler Wandel in der Sprache, der nicht wie sonst schleichend und von alleine, sondern gesteuert vollzogen werden soll, sodass es schwierig ist, selber das durchzuziehen, wenn das Umfeld nicht mitspielt.

An sich finde ich Gendern also ganz gut und würde mitmachen, wenn es "offiziell" wird, doch würde ich dafür persönlich jetzt auch nicht gerade kämpfen. So etwas zu erzwingen ist sowieso extrem schwierig.

Gendern ist ein Teil der feministischen Ideologie. Wie jede totalitäre Ideologie will sie alles total (!) zugunsten ihrer Lehre verändern. Dazu gehört auch die Sprache. Die Nationalsozialisten haben das gemacht, die Kommunisten, die Sozialisten, die Faschisten usw. Sie wollen damit erreichen, daß ´Böses´ nicht mehr gesagt und gedacht werden kann. Damit stirbt die Meinungsfreiheit, die Redefreiheit und die Pressefreiheit.

Lies Dir einfach einmal https://de.wikipedia.org/wiki/Neusprech durch.

Das generische Maskulinum ist nicht die männliche Form, sondern die unbestimmte Form. Genausowenig ist das Pluralfemininum nur für Frauen.

Die Bedeutung eines Wortes ergibt sich aus dem Kontext. Ein Läufer kann ein Mann sein, allgemein eine Person (oder ein Tier), die läuft, ein Teppich, ein übertragener Begriff (Selbstläufer = Produkt, das ohne Werbung verkauft wird) oder ein Maschinenteil.

Alle Frauen wissen ganz genau, daß sie über eine Fußgängerbrücke gehen dürfen, und daß sie im Wählerverzeichnis stehen.


Claud18  09.09.2022, 07:25

Ich habe auch nichts gegen die Doppelnennung in der Anrede oder wenn explizit auf Frauen hingewiesen werden soll. Aber dreimal in jedem Satz finde ich sie übertrieben. Irgendwann müssten alle kapiert haben, dass sich der Text auch auf Frauen bezieht.

Das Wort "Beidnennung" halte ich für ein ideologisches Konstrukt, denn es suggeriert, dass Frauen beim generischen Maskulinum nicht mitgemeint sind.

0
SchakKlusoh  09.09.2022, 09:05
@Claud18

Ich finde, man sollte höflich sein und man sollte Klarheit in der Rede anstreben.

"Liebe Kolleginnen und Kollegen," zu sagen kostet nicht viel Zeit und ist eine Höflichkeit. Es in einer Rede immer und immer wieder zu sagen, unterbricht den Redefluß und ist allerdings eher nervig.

Bei dem Satz: "Alle Schüler müssen den Pausenhof verlassen." gibt es wohl keinen Zweifel, daß die Schülerinnen auch gemeint sind. Wenn bei einem Ereignis auch zwanzig Schüler anwesend wären, würde ich zur Klärung erwähnen, ob sie männlich oder weiblich sind - also entweder mit oder ohne Nennung der jeweiligen Anzahl.

Oft werden als Begründung für das Gendern Studien angeführt, die belgen sollen, daß Frauen sich von bestimmten Substantiven nicht angesprochen fühlen und deshalb zB. bei der Berufswahl benachteiligt sind. Hier wird der Pflug vor den Ochsen gespannt. Frauen fühlen sich meist nicht angesprochen, wenn es typische Männerberufe oder Männertätigkeiten sind. Für Männer gilt das umgekehrt auch. Es liegt also an ihrer Einstellung, nicht am generischen Maskulinum. - Leute wie der Antworter Adomox unterschlagen dies gerne.

0
Claud18  09.09.2022, 09:20
@SchakKlusoh

Das habe ich auch so festgestellt. Im Urlaub traf ich auf eine ältere Frau, die das Gendern gut fand, weil sie z. B. bei "Architektenkongress" nur an Männer dachte. Sie war aber aus dem Westen, wo viele Frauen Hausfrauen waren. Ich z. B. denke dabei nicht nur an Männer und habe sie dann gefragt, ob sie auch bei "Einwohner" nur an Männer dächte. Nein, sagte sie, nur bei Berufen. Es ist also ein Erfahrungswert. Wenn man Frauen nicht ständig ein -in anhängen würde (manchmal ist es zweckmäßig, aber nicht immer), dann würden viel mehr Leute ganz normal auch Frauen mit dem generischen Maskulinum in Verbindung bringen. Dann brauchte man nichts zu ändern - außer vielleicht den Artikel. Aus "der" würde dann "das". Das wäre auch einfacher als ständige Sternchen, Doppelpunkte oder Partizip Präsenz (davon abgesehen, dass letzteres auch die Bedeutung des Wortes verändert).

0
SchakKlusoh  09.09.2022, 09:35
@Claud18
Nein, sagte sie, nur bei Berufen. Es ist also ein Erfahrungswert.

In der Wirkung verschlimmert das Gendern die Geschlechterunterschiede, weil es sie betont. So gibt es keinen Hinweis darauf, daß das Gendern oder die spezielle Erwähnung der weiblichen Form oder (mwd) zu mehr Gleichberechtigung führt oder das Verhalten von Frauen bei der Studienwahl, Berufswünschen, Bewerbungen usw. ändert.

In der DDR gab es keine weiblichen Berufsbezeichnungen. Frauen waren Dreher, Kranführer, Ingenieure - öfter als in Westdeutschland. Mehr Frauen in der DDR als in Westdeutschland hatten einen Berufsabschluß und mehr Frauen arbeiteten in technischen Berufen.

Aus "der" würde dann "das".

Das wäre nur eine weitere Krücke in der Sprache. Die Sprache ist AMHA nicht der Grund, warum es wenige Gerüstbauerinnen, wenige Elektro-Ingenieurinnen usw. gibt. Frauen haben generell wenig Interesse an solchen Berufen. Da haben auch die vielen Girlsdays usw. kaum etwas geändert.

Interessant wird es, wenn man west-europäische Länder mit Rumänien, Serbien, Polen, Bulgarien usw. (oder gar China, Indien und Singapur) vergleicht. Dort findet man viel mehr weibliche Ingenieure. Woran das liegt? Bestimmt nicht an der Emanzipation oder der Sprache. Vielleicht ganz simpel daran, daß es dort weniger Laber- und Bullshit-Jobs gibt, als in West-Europa - aber diese Aussage wäre jetzt sehr ketzerisch und Anlaß für einen Shitstorm. und ich würde gecancelt.

0
Claud18  09.09.2022, 09:53
@SchakKlusoh

Ich weiß, dass die Berufsbezeichnungen in der DDR männlich waren und dass sich keine Frau daran gestört hat. Ich selbst habe noch einen Abschluss als "Handelskaufmann" und finde es diskriminierend, wenn man heute eine "Kauffrau" daraus machen würde.

Mein Vorschlag, überall ein "das" davorzusetzen, ist nur ein Kompromissvorschlag für die Frauen der Genderfraktion, die sich durch den Artikel "der" nicht angesprochen fühlen wollen. Das wäre immer noch einfacher als die heutigen Formen.

0

Wer von einer "Verschmutzung der Sprache" spricht, hat sich schon für jegliche sachliche Diskussion disqualifiziert.

Seid ihr der Meinung, dass es der deutschen Sprache seine Ästhetik beraubt

Nein. Nun ist Ästhetik in großen Teilen aber auch eine subjektive Sache und beeinflusst durch Frequenz. Entsprechend lohnen sich Diskussionen hier kaum.

oder befürwortet ihr das ganze

Ja, aus psycholinguistischen Gründen.

um einer kleinen Zielgruppe Deutschlands das Gefühl der Abgrenzung zu entnehmen?

Hätte mich auch gewundert, würde eine Frage zum Thema mal nicht nur von aktiver Wahrnehmung ausgehen.

Zeigt Gendern nur wie gut es Menschen in diesem Lande geht 

Nein. Es zeigt, dass zumindest einige Menschen in diesem Land (und auch in anderen) sich Gedanken um Sprache und ihre Funktionsweise/Wirkung machen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Doktor der Englischen Sprachwissenschaft

L0uise 
Fragesteller
 27.11.2021, 18:19

Vorerst: Ich stehe bisher auf keiner Seite bei der Frage, ob Gendern nun ein guter Fortschritt wäre oder nicht.

Ich denke, sowas als Verschmutzung anzusehen zwar erstmals intolerant und radikal erscheinen mag, für eine Gruppe Mensch mit Liebe zur Sprache aber durchaus ein wichtiger Punkt zu der ganzen Debatte ist. Ob sich da Diskussionen lohnen oder nicht ist eine Sache, Personen sollten mit einer solchen Meinung aber durchaus ihren Beitrag heranführen dürfen.

Könntest du das mit den psycholinguistischen Gründen genauer erläutern?

0
Adomox  27.11.2021, 18:23
@L0uise
Ich denke, sowas als Verschmutzung anzusehen zwar erstmals intolerant und radikal erscheinen mag, für eine Gruppe Mensch mit Liebe zur Sprache aber durchaus ein wichtiger Punkt zu der ganzen Debatte ist.

Menschen dürfen ihre Sprache gerne so lieben wie es ihnen beliebt. Wer anderen "Sprachverschmutzung" vorwirft, ist in meinen Augen weder zur sachlichen Diskussion bereit, noch kennt diese Person sich tatsächlich mit dem Thema des Sprachpurismus aus; Hitler lässt grüßen.

Könntest du das mit den psycholinguistischen Gründen genauer erläutern?

Sprachwissenschaftliche Studien zeigen, dass das generische Maskulinum nicht alle gleichermaßen "mitmeint". Da es sich um einen psycholinguistischen Effekt handelt (generisches und tatsächliches Maskulinum haben die gleiche Wortform), lässt sich dieser Befund auch nicht "wegtrainieren" o.ä. Entsprechend halte ich es für sinnvoll, weitestgehend auf das generische Maskulinum zu verzichten und somit auch sprachlich andere Geschlechtern neben dem männlichen sichtbar zu machen.

0
SchakKlusoh  09.09.2022, 09:40
@Adomox
Wer anderen "Sprachverschmutzung" vorwirft, ist in meinen Augen weder zur sachlichen Diskussion bereit, noch kennt diese Person sich tatsächlich mit dem Thema des Sprachpurismus aus; Hitler lässt grüßen.

Da schwingt wer die Nazi-Keule. Wer nicht meiner Meinung ist, ist Hitler. WOW!°

Gibt es gute und böse Sprachverschmutzung?

Jedes Jahr wählt ihr Deutschen das Unwort des Jahres. Ich finde das in Ordnung. Man sollte Sprachverschmutzung anprangern.

0
SchakKlusoh  09.09.2022, 09:45
@Adomox
Sprachwissenschaftliche Studien zeigen, dass das generische Maskulinum nicht alle gleichermaßen "mitmeint".

Ja, man kann die Ochsen hinter den Pflug spannen. Die Studien zeigen, daß sich zB. Frauen sich nicht gemeint FÜHLEN, wenn es um bestimmte Substantive geht. Das liegt aber nicht am GM sondern an ihrer Einstellung. Frauen fühlen sich von männertypischen Begriffe (Maurer, Gerüstbauer...) nicht angesprochen - na und?

Es gibt auch Wörter, bei denen ich mich nicht angesprochen fühle. Wenn jemand sagen würde: "Der Idiot schreibt auf GuteFrage." würde ich ich nicht angesprochen fühlen. ;-)

0
Fotograf1986  28.11.2021, 17:17

Wow, schöne Antwort. Finde du hast den Stern verdient #sternchenantwort

0