Wie stehen Buddhisten zum Thema Homosexualität?

6 Antworten

In den buddhistischen Organisationen, die von westlich orientierten Menschen betrieben werden, z.B. im "Insight Meditation Movement" in den USA (Vertreter sind z.B. Jack Kornfield oder Joseph Goldstein) wird mit Homosexualität völlig tolerant umgegangen. Auch westlich-traditionelle Lehrer wie Ajahn Brahm haben einen völlig entspannten Umgang mit Homosexualität und stufen sie als völlig normales Verhalten ein bzw. setzen sich sogar aktiv für die Rechte von Homosexuellen ein.

In östlichen Traditionen mischen sich häufig gesellschaftliche Traditionen mit dem Buddhismus. So ist z.B. in vielen asiatischen buddhistischen Organisationen eine "Vollordination" von Nonnen nicht möglich, auch nicht in der Gelug-Traditon des Dalai Lama. Das hat natürlich mit der Rolle der Frau in diesen Gesellschaften zu tun und kommt nicht aus der Lehre des Buddha selber. Dementsprechend ist die Einstellung zu Homosexualität ebenfalls gesellschaftlich geprägt. Der Buddha hat sich nach meiner Kenntnis zu dem Thema gar nicht geäußert. Nur Mönche mussten zu seiner Zeit zölibatär leben.

Im Gegensatz zum Westen wurden Homosexuelle in den meisten asiatischen Ländern traditionell nicht verfolgt. Erst mit der Kolonialisierung sind christliche Moralvorstellungen bezüglich Homosexualität nach Asien importiert worden und haben die Gesetzgebung gegenüber Homosexuellen negativ beeinflusst.

 

hallo gercralujo1 - der Buddha hat keinerlei kasuistische Aussagen und Regeln zur sexuellen Orientierung gegeben. Die fünf Regeln zum ethischen Verhalten sind allgemeine Kriterien, nach denen der Nichtmönch jeweils sein Verhalten ausrichten kann: zB sich des Nichtwahren enthalten, sich der Lebensberaubung enthalten, sich ungedeihlicher sexueller Bezeihungen enthalten (insbesondere Vergewaltigung, sexueller Mißbrauch, Gelüste, sich in bestehende Beziehungen zu drängen - also Partner auszuspannen oder auseinanderzubringen). Die Grundregel lautet in etwa: wenn ein Verhalten dich oder andere schädigt, beinträchtigt, beunruhigt, so ist es zu unterlassen; wenn es weder dich noch andere schädigt, beeinträchtigt, beunruhigt, so kann es getan werden.

Im Buddhismus gibt es kein "du sollst, du musst", sondern nur Ratschläge, Empfehlungen, entscheiden und handeln ist deine Sache, denn es geht ausschliesslich um dich, um dein Entkommen aus dem Kreislauf des Irrens, Leidens, Nichtwissens und Nichtansehenwollens.

Ich bin Buddhist und gebe dazu mal meinen Senf ab

Im Buddhismus gibt es fünf Sittlichkeitsregeln, an die sich sowohl Laien, als auch Mönche halten sollen. Dabei geht es unter anderem auch darum, die Entstehung von Leiden zu verhindert.

Eine dieser Regeln, deren Einhaltung man freiwillig auf sich nimmt, mahnt vor dem "Missbrauch der Sexualität" bzw "unheilsamen sexuellen Handlungen".

Damit ist nach meiner Sicht, der verantwortungslose Umgang mit Sexualität durch den Menschen gemeint.

Wenn ich in einer monogamen Beziehung meinen Partner betrüge, verursache ich emotionales Leid.

Das gleiche gilt, wenn ich in einer polyamurösen Beziehung einen der Partner vernachlässige und ihm wenig Aufmerksamkeit schenke.

Bei der Vermeidung von Leiden durch Sexualität ist die sexuelle Orientierung des Menschen völlig ohne Bedeutung.

Als Laie kann man also seine Sexualität in verantwortungsbewusster Weise ausleben, egal welcherlei Geschlechts die Partner sind.

Das Leben als Mönch oder Nonne setzt in der Regel die Einhaltung des Zölibats voraus und so würde Geschlechtsverkehr diese Regel grundsätzlich brechen, egal ob hetero- oder homosexuell.

Es gibt mittlerweile sowohl buddhistische Lehrer, die sich offen zu ihrer Homosexualität bekennen als auch Queer Sanghas,

Somit existieren buddhistische Gemeinschaften, die mehrheitlich aus Homosexuellen bestehen und teilweise auch aktivistisch im Bereich LGBT aktiv sind.

Allerdings gibt es im Buddhismus kein verbindliches Dogma, so dass sich einige buddhistische Richtungen bzw. deren Lehrer auch gegen Homosexualität aussprechen.

Insbesondere der Theravada-Buddhismus hat da meines Wissens nach teilweise noch sehr restriktive Ansichten.

Allerdings ist natürlich niemand gezwungen, den Vorstellungen dieser Lehrer zu folgen und kann sich anderen Personen, oder Gemeinschaften zuwenden, die in dieser Hinsicht toleranter sind.

Natürlich sollte man nicht Vergessen, das der Buddhismus lehrt, nicht zu sehr anzuhaften und zu verstricken.

Wenn die Gedanken und Handlungen einer Person also nur von Sexualität dominiert werden, dann hat sie aus buddhistischer Sicht ein Problem.

Auch in diesem Fall ist egal, ob die "Sexsucht" auf Personen des gleichen, oder des anderen Geschlechts gerichtet sind. Das Problem liegt nicht in der sexuellen Orientierung, sondern im Suchtverhalten

Fazit

Es gibt keine grundsätzlichen und allgemein von allen Traditionen akzeptierten befürwortenden, oder ablehnenden Aussagen  zur Homosexualität als solches.

Die Ablehnung durch einige buddhistische Lehrer ist letztlich durch eine bestimmte Form der Interpretation von Schriften und persönliche Vorbehalte geprägt.

Man darf bei ablehnenden Zitaten aus irgendwelchen Schriften auch nicht vergessen, in welcher Zeit, oder welcher Kultur sie entstanden.

Etwas, das im alten Indien möglicherweise ein Image-Problem für die Sangha und Schwierigkeiten bei der sozialen Akzeptanz der buddhistischen Gemeinschaft gehabt hätte, ist heute absolut ohne Belang.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit etwa 40 Jahren praktizierender Buddhist

Gaiasduhter  17.10.2015, 00:06

Da Du Buddhist bist, kannst Du mir vielleicht eine Frage beantworten. In einem seiner Bücher schreibt der Dalai Lama, dass Homosexualität sexuelles Fehlverhalten sei und schlechtes Karma auf sich ziehe. In einem Interview dazu befragt (ich glaube das war 2003, könnte aber schon früher gewesen sein), sagte er (ich zitiere): "It’s part of what we Buddhists call bad sexual conduct. Sexual organs were created for reproduction between the male element and the female element,  and everything that deviates from that is not acceptable from a Buddhist point of view."

Ich würde nun gerne wissen, wieviel Gewicht diese Aussage des Dalai Lama für Buddhisten hat. Er scheint ja nicht nur für sich zu sprechen, sondern im Namen aller Buddhisten, wenn er sagt, dass es aus buddhistischer Sicht nicht akzeptabel ist. Er sagt ja nicht, dass es aus seiner Sicht nicht akzeptabel ist, sondern er spricht für den Buddhismus allgemein. Jedenfalls habe ich das Interview so verstanden.

Kannst Du vielleicht etwas dazu sagen?

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Enzylexikon  17.10.2015, 01:34
@Gaiasduhter

Ja, ich sage gerne etwas dazu. :-)

Der Dalai Lama ist ein bedeutender Lehrer der tibetischen Gelug-Tradition und wird von Buddhisten verschiedener Richtungen durchaus respektiert.

Allerdings gibt es keinen "Papst" aller Buddhisten und somit kann er gar nicht für "alle Buddhisten" sprechen, selbst wenn er sich das anmaßen sollte.

Er äußert also seine persönliche Meinung wenn er sagt "aus buddhistischer Sicht..." und spiegelt damit nicht ein gemeinsames buddhistisches Dogma wieder (einen verbindlichen "Katechismus" gibt es nämlich ebenfalls nicht).

Wenn ich über den Buddhismus spreche, gebe ich ja letztlich auch mein persönliches Verständnis und meine Ansichten wieder.

Ich vermittele "die buddhistische Sicht" so, wie ich sie kenne und verstehe.

Beispielsweise gehöre ich zu einer Form des Zen-Buddhismus und ein Buddhist einer anderen Tradition würde dir den Buddhismus möglicherweise mit ganz anderen Schwerpunkten vermitteln.

Buddhistische Lehrer sind nicht unfehlbar und es gibt beispielsweise nachgewiesene Fälle von Alkoholmissbrauch und sexuellem Fehlverhalten bedeutender Lehrer - sie gingen Beziehungen mit Schülerinnen ein und es gab sexuelle Nötigung.

Auch der Dalai Lama kann irren - und wenn er Homosexualität für "unbuddhistisch" hält, dann irrt er meiner Meinung nach.

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ArbeitsFreude  27.03.2016, 21:12
@Enzylexikon

Absolutely right, was Enzyklexikon da schreibt - obwohl Du mich nicht gefragt hast, aber: Auch Nichiren-Buddhisten, zu denen ich mich zähle, akzeptieren Homosexualität, Transgender etc. und schätzen zwar den Dalai Lama, erkennen ihn aber nicht als ihren religiösen Sprecher an.

P.S.: Nichiren-Buddhis gehen hier sogar noch einen Schritt weiter, indem wir sagen: "Irdische Begierden sind Erleuchtung"

- Klingt pervers, soll aber heißen: Akzeptiere Dein Begehren - auch und gerade das Sexuelle - als Teil Deiner menschlichen Buddha-Natur (denn Buddha war Mensch, nicht Gott!) - wenn Du Deinen Begierden im Bewusstsein Deiner Buddha-Natur nachgibst, wirst Du erkennen, dass Dich die Befriedigung Deiner Begierden nicht auf Dauer glücklich macht und Du wirst Dein Streben auf den "wahren Buddha-Weg" - also Deine wirkliche Lebensaufgabe ausrichten!

Wenn Du dies nicht tust, passiert aber auch nix Schlimmes - Du wirst halt weiter leiden, aber auch das ist Dein gutes Recht;)

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eleteroj  28.03.2016, 13:38
@ArbeitsFreude

"Akzeptiere Dein Begehren" DH!  Denn das sind die Lehrprinzipien von Samantabhadra: "Alles ist ein Gut, nichts wird verdrängt, alles ist Werkstoff zur Erleuchtung"  und von Samantamukha (Avalokiteshvara): "alles ist ein (möglicher) Zugang zur Erleuchtung. Überall offene Weite, nirgends Stopschilder und Tabus."

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Das ist egal für Buddhisten. Der Buddha hat sich aus den Schlafzimmern des Leute rausgehalten.

  Begierde führt zu Problemen

der Buddhismus strebt ein ausgeglichenes Leben an 

insbesondere bei Mönchen wird erwartet die Begierden zu zügeln

dabei macht der Glaube keinen Unterschied welche Art von Sexualität