Wie hat es Russland eigentlich geschafft bis heute ihr großes Gebiet zu halten?

6 Antworten

Von Experte Udavu bestätigt
Wie hat es Russland eigentlich geschafft bis heute ihr großes Gebiet zu halten?

Da muss man zuerst fragen, wie hat Russland es geschafft, überhaupt so groß zu werden?

Dazu müssen wir zurück bis zum Mongolischen Großreich von Dschingis Khan und seinen Nachfolgern blicken. Die Steppen östlich der Urals wurden von vielen verschiedenen Nomadenvölkern bewohnt. Dschingis gelang es, diese unter seiner Herrschaft zu einigen und sein Reich zu errichten und sogar weit über die Grenzen des heutigen Russlands auszudehnen.

Mitte des 14. Jahrhunderts überzog jedoch eine schwere Pestepidemie zuerst ganz Asien und gelangte von dort nach Europa. Durch diese Epidemie brach das Mongolische Großreich zusammen und zerfiel in viele kleine Reiche, die in Anlehnung an Dschingis Khan Khanate genannt werden.

Dann begann ab grob 1500 in Sibirien fast dasselbe wie in Nordamerika. Europäer suchten neue Siedlungsgebiete und begannen, sich immer weiter auszubreiten und die indigene Bevölkerung mit Gewehren und Gewalt zu unterjochen. Der russische Zar gründete eine Söldnerarmee aus Kosaken, die die Gebiete östlich des Urals erobern sollten. Die gingen dabei ziemlich rücksichtslos vor und es gelang ihnen größtenteils auch. Einige Völker, wie die Tschukschen leisteten jedoch heftigen Widerstand, der aber im Laufe der Jahrhunderte letztlich doch gebrochen wurde.

Sowohl Sibirien als auch Nordamerika hatte in dieser Zeit weder einen "Staat" auf seinem Boden noch andere nennenswerten Mächte, die Anspruch auf das Gebiet erhoben. Im Osten Sibiriens lag als Großmacht nur China und das hatte kein Interesse an der mongolischen Steppe.

So, nun kommen wir zur Gegenwart: die nicht-russischen Völker Sibiriens sind nicht stark genug, um gegen die Russen zu rebellieren. Moskau kann jederzeit Truppen schicken, um Aufstände niederzuschlagen. Es gibt zwar zur Zeit erhebliche Unruhen in diesen Gebieten, weil von dort die ganze junge Generation eingezogen und in der Ukraine verheizt wird, aber damit wird Moskau noch fertig. Es gibt auch keine Macht an den Grenzen, die Ansprüche auf Sibirien erhebt. Im Nord-Osten grenzen die USA mit Alaska an Russland, aber die haben keine Ambitionen, da irgendwas zu erobern. Im Südosten grenzt China an Sibirien, aber die haben auch kein Interesse an Sibirien. Da gibts nur um einige Inseln und kleinere Gebiete Stress.

Anders sieht es aber aus wo es nicht um extrem dünn besiedelte Steppen mit inidgenen Völkern geht, sondern um bewohnte, "zivilisierte" Gebiete. Dort finden heute ähnliche Vorgänge statt wie im Römischen oder Osmanischen Reich, die ja ebenfalls zivilisierte und stark bewohnte Gebiete erobert hatten. Dort wehren sich die Menschen gegen die russischen Kolonialisten und Unterdrücker. Das sind genau die Gebiete, die du in der Frage genannt hast.

Sibirien hat eine sehr niedrige Bevölkerungsdichte (nur 2,9 Menschen pro km²), ist aber riesig. Auch die Mongolen hatten damals diese Gebiete problemlos überrannt (eigentlich per Pferd), denn es gab ja fast niemanden, der sie hätte aufhalten können.
Selbst Island hat eine höhere Bevölkerungsdichte (und ist in weiten Teilen der Mitte fast menschenleer gemäß eigener Anschauung vor Ort).

Die allermeisten Menschen leben in Sibirien in einigen Städten im Süden (Novosibirsk, Irkutsk) oder in der Nähe der Küste (Wladiwostok, Petropawlowsk).

Der europäische Teil Russlands ist zwar auch groß, dennoch macht Sibirien das meiste der russischen Fläche aus. Und weder die Mongolei noch China haben heute ein großes Interesse an den sibirischen Flächen (es gab nur einen kleineren Konflikt wegen eines Gebiets in der Nähe des Flusses Amur, der wurde beigelegt).

Permafrostboden ist auch für die Landwirtschaft nicht gut geeignet.
Die mongolischen Graslandschaften eignen sich immerhin noch für die Viehzucht (Pferde, Schafe usw.). Und erst die chinesischen Flusslandschaften sind gut für den Anbau von Reis geeignet. Oder etwas überspitzt ausgedrückt: 1 Quadratkilometer chinesischer Boden ernährt so viele Menschen wie 10 Quadratkilometer mongolischer Boden oder wie 100 Quadratkilometer sibirischer Boden.

Die traditionelle sibirische Lebensweise sah so aus (Beispiel Jukagiren): "Sie lebten von Jagd, Fischfang und Sammeln. Die einzigen Haustiere waren Haushunde und Rentiere." Da steht auch nichts von Landwirtschaft. Also nichts mit Kartoffeln, Reis oder ähnlichem, es wurde gegessen, was man gejagt, gesammelt und gefischt hatte.

Von Experte OlliBjoern bestätigt

Die nördlichen Gebiete sind zum größten Teil menschenleer! Und der Rest lebt vor allem in einem Gürtel am südlichen Rand. Ohne die ZentralRegierung in Moskau, wären wohl viele Gebiete einfach zu 'abgeschnitten' von Welt! Moskau sorgt für Infrastruktur und auch für neue Menschen, die dort hinziehen...

Der westliche Teil, in Europa, diesseits des Urals ist natl. immer noch sehr groß, aber im Vergleich zu den USA, Kanada und China nicht mehr ganz riesig.

Das ist nicht mit dem Römischen Reich vergleichbar. Russland hat eine wechselvolle Geschichte und ist seit dem 8. Jahrhundert durch Eroberungen immer flächenmäßig immer größer geworden. Genaueres kannst Du hier nachlesen: Russland – Wikipedia

Es gab zwischendurch auch immer wieder Abspaltungen von Ländern, die mit "stan" enden.