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Hallo InfoFreak644,

vielen Dank für deine Frage!

Sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen ist ein zutiefst traumatisches Erlebnis, mit dessen Folgen Betroffene häufig ihr Leben lang zu kämpfen haben.

In den allermeisten Fällen gehen die Täter oder Täterinnen sehr strategisch und planvoll vor. Das verursacht bei vielen Kindern sehr ähnliche Gefühle (auch wenn sich natürlich nicht alle Betroffenen ganz genau gleich fühlen!). Wir beschreiben hier mal, was wir aus der Beratung wissen und  welche Gefühle sehr häufig von Betroffenen benannt werden.

Die meisten Täter und Täterinnen bahnen den Missbrauch an. Das heißt: Sie planen, was sie tun. Das kann wenig Zeit brauchen oder aber über Monate gehen. Die Anbahnung von Missbrauch nennt man auch „grooming-process“.

Beim „grooming“ zeigen sich immer wiederkehrende Muster: Die Täter und Täterinnen bauen ein besonderes Vertrauensverhältnis zum Kind auf. Manchmal isolieren sie das Kind regelrecht, indem sie es bevorzugen und anders (zunächst vermeintlich besser) behandeln als alle anderen. Sie manipulieren die Gefühlswelt der Kinder. Sie überschreiten Schritt für Schritt körperliche wie auch emotionale Grenzen und betonen, dass „das“ (der Missbrauch/die Gewalt) ganz normal sei – dass andere das auch machen würden. Je mehr Grenzen sie überschreiten, desto mehr Druck bauen sie auf. Sie drohen den Kindern mit schlimmen Konsequenzen, wenn sie das Geheimnis verraten und isolieren es damit immer mehr.  

Kurzum: Bei sexualisierter Gewalt ist das betroffene Kind dem Täter oder der Täterin  schutzlos ausgeliefert. Es fühlt sich hilflos und ohnmächtig. Die meisten Kinder haben große Angst vor den Konsequenzen, wenn sie sich Hilfe suchen würden. Sie vertrauen sich niemandem an, fühlen sich einsam und allein. Viele Täter und Täterinnen geben den Kindern obendrein die Schuld für den Missbrauch. Sie geben ihnen das Gefühl, „es“ doch auch irgendwie gewollt oder bereitwillig mitgemacht zu haben.

Die meisten Taten geschehen im unmittelbaren familiären oder sozialen Umfeld. Oft sind die Tatpersonen auch die eigenen Eltern oder Großeltern, Onkel oder Tanten, Brüder oder Schwestern, Cousins oder Cousinen…oder sehr enge „Freunde“ der Familie. Das Vertrauen in diese Personen wird zutiefst erschüttert. Denn die Menschen, die das Kind liebhat und die es eigentlich schützen sollen, tun ihm weh. 

Viele Betroffene haben in der Folge von sexuellem Kindesmissbrauch ein geringes (oder geringeres) Selbstvertrauen. Sie fühlen sich wertlos aufgrund der Erfahrungen, die sie machen mussten. Außerdem haben sie mit hartnäckigen Scham- und Schuldgefühlen zu kämpfen - auch wenn die Verantwortung und Schuld beim Täter oder der Täterin liegt.

Wie die langfristigen Folgen aussehen, lässt sich nicht so generell sagen, denn dies hängt von vielen Faktoren ab – unter anderem auch davon, ob zum Beispiel eine therapeutische Verarbeitung der Gewalterfahrungen stattgefunden hat.

Viele fühlen sich stigmatisiert oder ausgegrenzt. Sie haben das Gefühl, „etwas“ an sich haben, was den Täter oder die Täterin dazu bewegt oder geradezu aufgefordert hat, ihnen die Gewalt anzutun. Und für viele ist es schwierig, sich auf nahe Beziehungen einzulassen, da das Vertrauen in andere fehlt. Dieses Misstrauen kann sich auch weiter ausweiten, so dass Freundschaften und Partnerschaften darunter leiden können.

Manchen fällt es schwer, die eigenen Grenzen zu spüren, da sie die Erfahrung machen mussten, dass ihre Grenzen nicht respektiert werden. Es kommt nicht selten vor, dass sich Betroffene für andere stark aufopfern – ohne die eigene Grenze dabei zu erkennen.

Manche fühlen sich sehr niedergeschlagen oder depressiv. Viele haben die Missbrauchserfahrung ganz verdrängt, was ein sehr wichtiger Selbstschutzmechanismus ist. So tauchen erst Jahre später Erinnerungen auf. Häufig gibt es aber vorher schon viele körperliche und psychische Symptome, die sie nicht einordnen können, weil die Missbrauchserfahrung abgespalten ist.

Zum Weiterlesen empfehlen wir Ihnen folgenden Link des Unabhängigen Beauftragten für Fragen sexuellen Kindesmissbrauchs Herrn Rörig: https://beauftragter-missbrauch.de/praevention/was-ist-sexueller-missbrauch/missbrauch-symptome-koennen-signale-sein

Hallo, ich habe auch schon ungefähr so etwas erlebt, als ich 5 oder 7 Jahre alt war. Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern. Aber es fühlt sich immer an, als wäre es ein Traum und man ist einfach nur verrückt geworden.

Aber ständig merke ich, dass es Spuren hinterlassen hat. Ich bin viel vorsichtiger und schreckhafter. Außerdem mag ich Körperkontakt nur mit engen Freunden. Es hat die Entwicklung meines Charakters sehr geprägt. Oft habe ich diese Szene im Hinterkopf. Ich denke auch, dass es mich irgendwie nachdenklicher und intuitiver macht. Ich bin viel mehr mit meinem Kopf und meinen Gedanken beschäftigt, als dass ich etwas Außenstehendes wahrnehme.

Erstens möchte ich anmerken, dass das natürlich nur meine Sicht ist. Zweitens war nicht nur dieses Erlebnis an den Eigenschaften, die ich oben genannt habe, mitwirkend. Es gab auch noch viele andere Faktoren.