welche kampfkunst mit 17 anfangen?

13 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Mein Senf zu dem Ganzen:

ich bin allerdings schon 17, ist das zu spät, so etwas anzufangenn?

Keineswegs.

aber welche art ist am effektivsten?

Gegenfrage: Welches ist der beste Sport? Leichtathletik? Fussball? Eishockey? Es gibt keine effektivste Art, sondern es kommt auf den Lehrer und auf dich an, wie sehr du dich reinhängst. Es sind alles unterschiedliche Kampfformen/Kampfkünste und sie alle haben Vor- und Nachteile. Das ultimative Best-of-all-Kampfsystem gibt es ausschließlich in Werbung und Film und sonst nirgends.

wie viel übung braucht man denn, um sich im notfall zu verteidigen? reicht da schon ein jahr training?

Ich würde mal sagen: Nein. Da braucht es schon deutlich mehr. Eine Ausnahme wäre es, wenn du täglich ca. 4-6 Stunden üben würdest. Diese Einschätzung basiert auf persönlichen Erfahrungen, die ich mit einer Vielzahl von Trainingspartnern hatte, die recht unterschiedlich drauf waren. Da waren Leute mit 6 Monaten oder 1 Jahr Trainingshintergrund, aber auch schon Leute mit über 20 Jahren Erfahrung.

Der wesentlichste Faktor diesbezüglich ist deine psychische Verfassung, aber das Thema ist viel zu komplex, als dass es hier lang und breit erörtert werden könnte.

Aikido

Eine sehr feine Sache, da du dabei Schwung, Masse und Bewegungsenergie des anderen verwendest, um ihn zu überwinden. Klappt im Allgemeinen ziemlich gut. Die einzige Nachteile, die ich bislang am Aikido gesehen habe: Zum einen dauert es verdammt lange, bis du die Techniken wirklich einigermaßen sicher beherrschst (es ist halt eine Kampfkunst und kein einfacher Kampfsport), zum anderen versagen die meisten Techniken, wenn der Gegner hart, stark und entschlossen genug vorgeht. Aber von der Sorte wird dir wohl kaum einer begegner, daher halte ich Aikido wirklich für einen recht guten Tip.

Jiu-Jitsu

Auch etwas sehr Schönes. Soweit ich das bislang erlebt habe, wird im Jiu-Jitsu ziemlich viel mit Hebeln und Griffen gearbeitet, sowohl im Stand als auch am Boden. Um einen Gegner unter Kontrolle zu bekommen, ist das ziemlich gut geeignet. Für die Selbstverteidigung aber eher weniger, denn im Notfall wirst du es real so gut wie nie mit nur einem Einzelnen zu tun haben, weswegen du keine Zeit finden wirst, ihn mit irgendwelchen Griffen auszuschalten. Und Fixieren kannst du dann auch vergessen, denn während du den ersten Gegner in der Mangel hast, treten die anderen fröhlich weiter auf dich ein. Als Ergänzung zu anderen Kampftechniken ist Jiu-Jitsu imho eine tolle Sache, aber zur Selbstverteidigung...? Na, ich weiß nicht so recht, da müsstest du schon extrem hart trainieren, damit das wirklich funktioniert.

Judo

Gnadenlos unterschätzt. Wenn zwei Judoka miteinander trainieren, dann sieht das immer nach Ringelpiez mit Anfassen aus. Aber wenn du einmal gesehen hast, was ein Judoka mit einem ungeübten Gegner anstellen kann, wird es dir himmelangst. Im Judo bringst du die Gegner mit Würfen zu Boden. Und das ist in echter Ausführung kein "plumps - aua", sondern der andere wird regelrecht in den Boden geschmettert. Wenn das auf einer Wiese passiert, geht's noch, aber auf Beton? Autsch. Nachteile beim Judo: Auch Judo will ordentlich trainiert sein, damit das sitzt und du musst extrem nah an den anderen heran, um ihn greifen zu können. Bis du den anderen gepackt hast, kann sehr viel passieren.

Karate

Hui, kommt sehr auf die Schule an. Der Stil ist eher egal. Ob Shotokan, Goju Ryu oder Kyokushin ist (mehr oder weniger) eher wurscht, allerdings ist Kyokushin die angewandteste Stilrichtung (und äußerlich auch die hässlichste :) ). Karate besteht primär aus Schlägen, Tritten und Blocktechniken, da wird eher selten geworfen, obwohl es auch das zum Teil gibt. Es ist ein ziemliches Allround-System, hat aber den Nachteil, dass es als harter, äußerer Stil ziemlich viel Wert auf Kraft und Ausdauer legt. Da kann es dann gegen stärkere Gegner etwas kniffliger werden, zumindest, wenn er auch ein wenig Technik auf dem Kasten hat, eben weil die Stärke mit eine Rolle spielt.

Kung Fu

Kung Fu ist ein sehr weiter Oberbegriff mit einer Vielzahl von Stilrichtungen. Da kommt es wirklich absolut auf den genauen Stil an, ob das überhaupt für die Selbstverteidigung geeignet ist. Mit Tai Chi Chüan wirst du z.B. nicht viel reissen können, mit Sanda schon wesentlich mehr. Aber egal, um welchen Stil es sich handelt, eines lässt sich pauschal sagen: Mit nur 1 Jahre Training kommst du absolut nicht weit.


CSANecromancer  17.03.2014, 00:47
Wing Tsun

Das ist z.B. ein Kung Fu-Stil. Jetzt wird's evtl. "gefährlich", weil ich mich etwas aus dem Fenster lehne und eine heilige Kuh angreife: Wing Tsun an sich ist sicherlich eine tolle Sache. Aber in Deutschland wirst du es nur sehr schwer lernen können und nur sehr, sehr schwer einen vernünftigen Trainer finden. Denn bei uns ist das Ganze zu einem sektenartigen Kommerzsystem verschandelt worden. Da geht es um die Schreibweise (Wing Tsun, Wing chun, Ving Tsun, Ving chun etc.pp.), um die Dachverbände, die Schulen giften sich gegenseitig an und auf alle anderen Kampfsportler und -künstler wird sowieso verächtlich herab geblickt usw. usf. Und nur der "Großmeister" desjenigen, der Wing Tsun betreibt, lehrt das "wahre" Wing Tsun, alles andere sind ja nur abzockerische Kopien und so geht's in einem fort weiter. Da eine vernünftige Schule zu finden ist beinahe wie ein Lottogewinn. Dafür ist Wing Tsun aber eine richtig hocheffektive Sache, solange du nicht den Marketinglügen und esoterischen Phantasietechniken aufsitzt, die teilweise gelehrt werden. Oh - und Wing Tsun ist so ziemlich das Teuerste, was es gibt. Also dafür sollte du richtig viel Asche haben. Du zahlst monatlich an die Schule, jährlich an den Dachverband und jede Prüfung darfst du auch nochmal separat löhnen. Und wenn du bei den Prüfungen nicht mitmachst, wird dir in vielen Schulen nichts Neues mehr beigebracht. Deswegen sprach ich weiter oben von einem Kommerzsystem.

Und weil es schon erwähnt wurde:

Krav Maga

Das ist die israelische Seblstverteidigungsart. Leider fängt auch hier langsam der Kommerz an, aber du kannst noch ordentliche Krav Maga-Trainer finden. Das System ist hocheffektiv und in der Praxis erprobt (von der IDF). Der Nachteil am Krav Maga ist wiederum: Du brauchst durchaus etwas Kraft (wird dir aber beigebracht) und den meisten ist es schlicht zu brutal. Wäre auch fraglich, ob du mit 17 schon zugelassen werden würdest. Bei einem seriösen KM-Trainer wahrscheinlich eher nicht. KM ist kein Geplänkel und kein "wir schalten den Gegner aus und tun ihm dabei nicht zu sehr weh", sondern es ist eine wirklich heftige Sache, die es dir ermöglicht, Notfallsituationen zu bereinigen. Von "friedlich" steht da allerdings nichts.

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schlauratte 
Fragesteller
 19.03.2014, 20:03
@CSANecromancer

danke für deine sehr ausführliche antwort! bis jetzt stehen nur noch jiu jitsu und karate zur auswahl. die anderen fallen für mich dann schon mal weg. weißt du, welche kampfkunst bei einem kampf zwischen jiu jiitsu und karate gewinnen würde? also wenn beide gegner etwa gleich lange trainiert haben, gleich alt, gleich groß, gleich schwer... sind? gibt es da iwelche videos?

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CSANecromancer  20.03.2014, 01:47
@schlauratte
weißt du, welche kampfkunst bei einem kampf zwischen jiu jiitsu und karate gewinnen würde?

Es würde keine Kampfkunst gewinnen, sondern maximal der Kämpfer.

Denn mal ehrlich: Wenn eine der Kampfkünste pauschal und definitiv besser wäre als die andere - welche Existenzberechtigung hätte die unterlegene Kampfkunst noch? Wer würde so ein schwaches System noch lehren, lernen oder unterstützen? Real wäre die schwächere Kampfkunst innerhalb kürzester Zeit ausgestorben.

Die Tatsache, dass es beides (Karate und Jiu Jitsu) noch gibt, ist ein ziemlich starkes Indiz dafür, dass beide zu gebrauchen sind.

also wenn beide gegner etwa gleich lange trainiert haben, gleich alt, gleich groß, gleich schwer... sind?

Dann gewinnt der, der an dem Tag mehr Glück hat.

gibt es da iwelche videos?

Aus oben genanntem Grund gibt es so etwas natürlich nicht.

Aber mach doch einfach Probetrainings bei den jeweiligen Schulen mit und schau' dir an, welches dir davon besser taugt. Bei "nur" zwei Kampfkünsten geht das ja relativ schnell und einfach.

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schlauratte 
Fragesteller
 20.03.2014, 19:54
@CSANecromancer

Ok, nochmal danke für deine ausführlichen antworten. probetraining beginnt für mich nächste woche

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Laufvogel  17.03.2014, 22:59

Diesem (sehr guten) Beitrag ist nichts hinzuzufügen.

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Ich an deiner Stelle würde Krav Maga machen, weil es auf den natürlichen menschlichen Reflexen beruht und deshalb leicht zu erlernen ist. Krav Maga ist auch bzw. vorallem zur Selbstverteidigung geeignet und trainiert dich auch mental auf solche Situationen vorbereitet zu sein und nicht in Panik auszubrechen. Du wirst letztendlich darauf vorbereitet gegen Angreifer mit Waffen zu kämpfen und sie kampfunfähig zu machen ohne selbst dabei Schaden zu nehmen. Auch der Schutz Dritter ist ein Thema das beim Krav Maga gelehrt wird. Mach einfach mal ein Probetraining bei den Arten, die dir zusagen, dann wirst du schon das richtige für dich finden.


schlauratte 
Fragesteller
 08.06.2014, 11:51

danke, aber leider gibt es in meiner näheren umgebung nur die oben genannten kampfkünste. auch wenn sich diese art sehr interessant anhört, kann ich sie leider nicht anfangen

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ich betreibe Aikido. Wir lernen auch, mit Waffen zu kämpfen, aber wir lernen Bewegungen, bei denen es keine große Rolle spielt, also Wege, zum Beispiel einen Angreifer zu Boden zu zwingen, egal ob er ein Messer hat oder nicht. Wir lernen kaum Angriffstechniken und man muss dafür nicht besonders stark sein, ich habe vorher Taekwondo gemacht und finde Aikido viel besser, weil es nur um Verteidigung geht.Es ist im Aikido oft eher von Vorteil, kleiner und nicht so stark zu sein. Es geht um Dinge, die bei jedem Angreifer funtionieren, egal, wie stark er ist.


schlauratte 
Fragesteller
 16.03.2014, 20:20

hört sich gut an, obwohl waffen nicht so meins sind. ich seh darin nicht so den nutzen, da ich ja im alltag nicht mit waffen rumlaufe. ich bin für ein mädchen aber relativ groß (1,75m), ist das ein nachteil?

und angriff wäre vllt auch nicht schlecht, wenn zb ein anderer bedroht wird etc., könnte ich demjenigen helfen

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Chrysaetos  17.03.2014, 18:10
@schlauratte

Wenn jemand anders angegriffen wird und du dazwisch gehst, wird der Angreifer dich wahrscheinlich auch angreifen.Und wenn du groß bist, musst du dich halt bei manchen Bewegungen ducken.

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Schmiddybiddy  23.12.2017, 22:46
@schlauratte

Ich habe mit einer Freundin einige Jahre Aikido betrieben und war damals schon 1,83m groß gewesen. Mir hat es nie Probleme bereitet und kann diesen Sport nur empfehlen, auch wenn man nicht alltäglich mit Waffen herumrennt. In dieser Sportart lernt man viel darüber die Kraft des anderen gegen ihn selbst anzuwenden und ihn notfalls schnell zu entwaffnen.

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y0u5t3r  24.06.2019, 13:35
@schlauratte

Das Waffentraining hat einen psychologischen Nutzen: Wenn du weißt, wie du dich mit Waffen verteidigen kannst, kannst du es auch waffenlos. Die Waffen sind bloß eine Verlängerung deiner Gliedmaßen. (Gichin Funakoshi: "Stell dir deine Hände und Füße als Schwerter vor.") Der Großmeister im WT Peter Grusdat dazu: "Wie willst du dich ohne Waffen verteidigen, wenn du dich nicht einmal MIT Waffen verteidigen kannst?"

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Es kommt drauf an, wie viel Zeit du in dein Training investieren willst. Bei den Kampfsportarten wie Aikido dauert es mind. 3 Jahre bis du überhaupt verstanden hast, was du machst und wofür... Die asiatischen Kampfkünste sind eher auf Harmonie, Meditation und Philosophie ausgelegt, es dauert wirklich eine Weile bis du das kannst.

Wenn du schnell lernen willst, dich zu verteidigen, tendiere ich eher zu Boxen. Da kannst du wirklich innerhalb von einem Jahr (kommt natürlich drauf an, wie schnell du lernst und wie oft du trainierst=) dich gut verteidigen können. Auch Bereich Ringen, Judo, Jiu Jitsu, Grappling und ähnliches ist sehr gut für die Selbstverteidigung...

Also wie gesagt, ist wirklich Geschmackssache und außerdem musst du dir wirklich klare Ziele festlegen, wofür du das wirklich machen willst =) Wenn Du auf schnell lernen willst, dich auf der Straße verteidigen zu können, dann eher die oben genannten Kampfsportarten, wobei wie gesagt auch da musst du viel Zeit investieren. Wenn du dein Leben mit einer Kampfsport verbinden willst, dann würde ich an deiner Stelle mal überall hingehen und ein Probetraining machen, dann hast es auch alles mal gesehen =) VG

Ich habe eine Zeit lang Jiu-Jitsu gemacht, musste aber wegen einer Schulterverletzung aufhören.

Jiu-Jitsu ist ein sehr guter Selbstverteidigungssport. Er dient jedoch nur der Verteidigung (bzw. primär). Und das ist auch gut so. Ist gut zu lernen, macht Spass, man hat schnell Erfolge und es ist extrem effektiv.


schlauratte 
Fragesteller
 16.03.2014, 20:16

also davon hab ich auch nur gutes gehört. wie viel übung braucht man denn, um sich im notfall zu verteidigen? reicht da schon ein jahr training?

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OurSocietySucks  16.03.2014, 20:32
@schlauratte

Ein Jahr ist schon sehr gut. Ich habe ein halbes Jahr gemacht und habe mich deutlich sicherer und selbstbewusster gefühlt. Es gilt aber natürlich, je mehr eine Übung wiederholt und eingeprägt wird, desto effektiver kann man sie nutzen.

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schlauratte 
Fragesteller
 16.03.2014, 20:36
@OurSocietySucks

ok, danke. lernt man da nur verteidigung oder auch angriff? das würde ich nämlich auch gerne lernen, um auch andere zu verteidigen, wenn diese bedroht werden...

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OurSocietySucks  16.03.2014, 20:48
@schlauratte

Primär ist Jiu-Jitsu auf Aktion = Reaktion ausgelegt. Wir haben dort nie direkte Angriffstechniken erlernt, das war auch gar nicht nötig. Wir haben gelernt, auf jegliche Art des Angriffs zu reagieren und zwar so, das der Gegner entwaffnet und fixiert wird. D.h. das der Angreifer im Endeffekt kampfunfähig bzw. willig oder auf dem Boden und von dir fixiert sein wird.

Mach doch ruhig mal ein Probetraining.

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y0u5t3r  24.06.2019, 13:40
@schlauratte

Kommt ganz auf dich an: wie oft du trainierst, wieviel Hingabe du zeigst und wie schnell du das gelernte praktisch umsetzen kannst

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