Blickwechsel 30. Juni 2023
Deine Fragen an eine nonbinäre Person
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Warum hast du so ein starkes Mitteilungsbedürfnis?

3 Antworten

Ich denke die Frage ist schwierig zu beantworten, weil jeder eine ganz unterschiedliche Sichtweise auf das Thema hat, die komplett von den eigenen Erfahrungen geprägt ist.

Für mich steht die LGBT+ Szene zum Beispiel in erster Linie dafür, dass alle Menschen die gleichen Rechte haben. Das ist für mich die Grundlage der Bewegung. Es gibt auf jeden Fall Gruppen innerhalb der Bewegung, die bestimmte Teile der Szene ausschließen, sowie auf jeden Fall welche die etwas gegen Heterosexuelle haben. Nur die haben meiner Meinung nach aber mit der Grundidee auch überhaupt nichts zu tun. Für Außenstehende, also jemand der überhaupt keine queeren Kontakte hat oder nur eine bestimmte Art von queeren Personen kennen lernt, wirkt es dann natürlich so als ob jeder, der sich der Szene zugehörig fühlt, eigentlich alle Heteros hasst und jeden zu Gruppensex zwingen will oder sowas.

Ich glaube das ist das gleiche Problem, was schon länger mit dem Wort Feminismus besteht. Feminismus bedeutet, dass Männer und Frauen die gleichen Rechte haben. Männer- wie auch Frauenhasser legen das Wort aber so aus, wie es in ihre Ideologien passt. Wer nur aggressive/extremistsche "Femimisten" kennen lernt (das sind nämlich die, die hauptsächlich in den Medien zu sehen sind), wird natürlich das Gefühl haben, die ganze Bewegung sei eigentlich total gegen Frauen/Männer. Das passiert einfach, weil die Leute die das Wort missbrauchen lauter sind als die die es richtig verwenden.

Ich kenne tatsächlich auch Homosexuelle, die mit der Szene nichts zu tun haben wollen, aber das ist in fast allen Fällen so, weil sie gar nicht richtig wissen was zu der Szene dazu gehört oder es nicht zu ihren persönlichen Erfahrungen passt. Ich habe zum Beispiel auch lange nicht verstanden, was das mit dem dritten Geschlecht soll und mich sogar drüber lustig gemacht, bis ich gemerkt habe, dass ich mich selbst so identifiziere. Seitdem respektiere ich so ziemlich alle Labels.

Was das Mitteilungsbedürfnis angeht: Es ist schon ein Unterschied, ob man sich anonym im Internet für Gleichberechtigung und Toleranz einsetzt, oder in alltäglichen Gesprächen alle zwei Minuten erwähnen muss welche Sexualität man hat. Das darf man nicht verwechseln. Ich persönlich freue mich immer, wenn ich Regenbogenfahnen sehe, weil ich weiß dass ich dort dann keine Angst haben muss ausgegrenzt zu werden. Aber ich rede nicht ausschließlich durchgängig über das Thema. Und ich kenne einige die das tun und mir deswegen auch unsympathisch sind, aber wie gesagt, man darf nicht auf alle schließen.

Ich habe die Person, weswegen es diese Fragerunde gibt, scheinbar irgendwann mal auf meine Ignorierliste gesetzt, was bedeutet obwohl wir zur gleichen Gruppe gehören empfinde ich die Antworten nicht als gute Darstellung der Szene.

Hey Roland59!

Ich habe kein starkes Mitteilungsbedürfnis. Ich kläre lediglich über das Thema LGBTQ+ auf, und da das mein Expertenthema hier auf GuteFrage ist, sieht man auf meinem Profil auch entsprechend viel davon.

Außerdem wird nicht bei jeder Gelegenheit auf das Thema hingewiesen. Wenn, dann im Juni, aber da ist auch Pride Month.

Tatsache ist nun mal, dass queere Menschen immer noch diskriminiert werden, darauf muss aufmerksam gemacht werden.

Und ja, natürlich gibt es innerhalb der Community Menschen, die das ganze zu weit treiben. Aber die Community an sich ist nichts schlechtes.

Danke für deine Frage!

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Teil der LGBTQ+ Community
gelberBuntstift  05.08.2023, 09:08

Kritik ist nicht gleich Diskriminierung. Ihr müsst auch stehenlassen können, dass jemand durch logisches Nachdenken zu anderen Meinungen und Schlüssen kommen kann als ihr.

3

Auch wenn ich nicht der gefragte bin, versuche ich vielleicht auch mal zu antworten.

Niemand möchte für das, was er ist, fühlt, missachtet und diskrimiert werden. Die meisten Menschen haben das natürliche Bedürfnis von anderen wahrgenommen, ernstgenommen und akzeptiert zu werden.

Gerade wenn man aber sagt, man selber fühlt etwas, was der andere überhaupt nicht kennt, nie gehört hat, seltsam findet, passiert oft das exakte Gegenteil. Man wird ausgegrenzt, einem wird gesagt, das sei krank (obwohl man in Wahrheit einfach nur anders ist/fühlt/denkt). Was der Bauer nicht kennt, das lehnt er erstmal ab...

Also kann man mit Aufklärung, mit dem Erwähnen, mit dem Erklären, zum Beispiel auf dieser Website erreichen dass die Leute es kennen. Dass sie vielleicht ein bisschen mehr Verstehen, vielleicht auch nur Verständnis entwickeln. Dass sie es eher als etwas akzeptieren, was auch einfach zur Normalität gehört und nichts schlimmes, schlechtes, falsches oder krankes ist.

Ich denke, das ist vor allem auch der Hintergrund.

Klar, fühlen sich viele Menschen (auch ich ein stückweit) durch einiges, was in dem Themengebiet läuft, überfallen, missioniert, indoktriniert und sind daher nur noch genervt davon. Besonders auch, wenn es auf affektierte Art passiert. Was es hier zum Glück bisher nicht tut, zumindest in meinen Augen nicht.

Wie soll man etwas verstehen/nachvollziehen können, wenn man nie davon gehört hat? Ich denke, dafür ist es gut, richtig und sinnvoll, eine Person zu hören, die das erlebt/fühlt.

Es hat aber auch einen ganz wichtigen zweiten Aspekt: Wenn man zu einer kleinen Minderheit gehört, in so einem Gebiet, hat man es oft schwer sich selber seine Gefühle einzugestehen, zuzugestehen, einfach man selber zu sein. Noch schwerer ist es dann, vor anderen auszudrücken, was man selber fühlt. Wenn man also nie hört: du, ich fühle genauso, kann das sehr schwer sein für einen.

Hier ist also jemand der anderen, die sich nicht "binär" fühlen zeigt: sie sind nicht alleine und es ist okay, sich so zu fühlen, wie man sich fühlt und das zu akzeptieren.

Außerdem, eigene Erfahrung, es kann sehr hilfreich sein, ein festes Wort zu haben, um seine eigenen Gefühle anderen zu erklären - denn dann werden die es viel eher verstehen und akzeptieren. Dieses Wort hat man aber nur, wenn es auch genug Menschen kennen ...

Hoffe ich konnte dir da kurze Einblicke geben, was dahinter stecken könnte und wie die "andere Seite" es empfindet.