Institutionalisierung von Religion

4 Antworten

Hallo Lektra

Dieter Stoodt, Prof. für Praktische Theologie ist der Auffassung, dass es „ohne Institutionalisierung von Religion keine Religion gäbe“.

Er erläutert das damit, (Zitat) „dass es Religion immer in irgendeiner Weise auch als organisierte Religion gibt, also nicht ohne Institution“.

Mit anderen Worten: es geht nur mit einer Kirche oder einer Religionsgemeinschaft oder es sind einfach Gläubige, die sich mit einer Gruppe Gleichgesinnter verbinden.

Damit beschreibt er eine Tatsache, die allerdings immer wieder Gegner auf den Plan ruft, die der Meinung sind, sie würden Gott auch ohne Kirche oder Gemeinschaft finden. Dem hält er entgegen, dass solche, mögen sie auch (Zitat) „noch so sehr gerade theologisch und religiös motiviert sein - ohne jegliche Form von Institutionalisierung kommt keine Religion aus, wie übrigens keine geistige, politische oder kulturelle Bewegung.“

Das hat er richtig analysiert.

Stimmt das aber mit der Bibel und damit mit dem Denken Gottes überein?

JA und NEIN

An zwei Beispielen aus der Bibel könntest Du das verdeutlichen:

Unser himmlischer Vater, Jehova, brauchte keine „Institution“ um Noah mit dem Bau der Arche zu beauftragen. Er hat ihn direkt angesprochen. „. . . Und Noah tat dann gemäß allem, was Jehova ihm geboten hatte.“ (Siehe 1. Mose 6:13; 7:5)

Er brauchte auch keine Institution, um einen Saulus zum Christentum zu bekehren. Er ließ ihn durch seinen Sohn Jesus Christus vom Himmel her ansprechen - und die Bekehrung folgte auf den Fuß. (Siehe Apostelgeschichte 9:3 -19)

ABER - und jetzt kommt das JA:

In beiden Fällen wurden diese beiden gottesfürchtigen Männer anschließend angewiesen, sich zu organisieren - oder mit der Formulierung des zitierten Theologen - eine Institution zu gründen.

Bei Noah war es eine relativ kleine Gruppe: seine Ehefrau, seine drei Söhne und deren Frauen: „Acht Seelen wurden sicher durch das Wasser getragen“ (siehe 1. Petrus 3:20)

Bei dem Saulus, der dann als Paulus bekannt wurde, war das sehr viel umfangreicher.

Die Bibel berichtet, dass er von Antiochia über Tarsus, Derbe, Lystra durch Phrygien und über Mysien, Troas und Mazedonien sowie Athen u.v.a.m. bis nach Rom reiste - und dann heißt es wörtlich:

„. . .Als sie nun durch die Städte reisten, überbrachten sie denen, die dort waren, die zu beachtenden Verordnungen, welche von den Aposteln und älteren Männern, die sich in Jerusalem befanden, beschlossen worden waren . . . die Versammlungen [Gemeinden] wurden daher tatsächlich im Glauben weiterhin befestigt und nahmen von Tag zu Tag an Zahl zu.“ (Apostelgeschichte 16:4, 5)

Diese umfangreiche Schilderung solcher Ereignisse über die Anfänge der ursprünglichen Christen ist das Muster der inzwischen weltweit organisierten (institutionalisierten) Religionsgemeinschaft jener Christen, die diese Vorbild-Ereignisse ernst nehmen und beherzigen.

Warum ist das wichtig?

Nun, unter einer Reihe von Gründen, ragt einer besonders heraus - und den schildert die Bibel in 1. Korinther 1:10 so: „. . . dass ihr alle übereinstimmend redet und dass keine Spaltungen unter euch seien, sondern dass ihr in demselben Sinn und in demselben Gedankengang fest vereint sein mögt.“

Übereinstimmend mit sich zu reden ist keine Kunst - die Herausforderung beginnt, wenn alle, die den christlichen Vorbildern ernsthaft folgen möchten - wenn diese alle übereinstimmend reden!!

Möglicherweise ist das für Deine Aufgabe zu umfangreich - aber wer hindert Dich daran das zu kürzen?

Viel Erfolg.


Zum Hintergrund - wenn Du möchtest - findest Du hier noch so einiges:

http://www.gutefrage.net/frage/hat-gott-einen-plan-was-er-mit-den-menschen-auf-der-erde-erreichen-moechte#answer17685258




brunf  08.11.2012, 10:51

ohne jegliche Form von Institutionalisierung kommt keine Religion aus, wie übrigens keine geistige, politische oder kulturelle Bewegung.“

Richtig. Denn JEDE Religion ist als politisches Mittel konstruiert worden, als Grundlage für politische Systeme. Das unterscheidet im Übrigen eine Religion von einer Sekte, die keine politischen sondern rein finanzielle Ziele verfoglt.

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Institutionalisierung

Der Prozeß der Verfestigung und Erstarrung sozialer Normen und Verhaltensmuster zu Normen-, Rollen- und Statusbeziehungen, durch die konkrete Handlungsziele definiert sowie allgemeine Ordnungs-, Herrschafts- und Sanktionsmechanismen zusammengehalten werden können. (Unter Status wird die Bewertung bzw. das soziale Ansehen verstanden, das ein Individuum auf Grund seiner Position und seiner persönlichen Voraussetzungen innerhalb einer bestimmten Gruppe erhält).


Und guckst du hier:

http://www.dober.de/reli-rallye/stoodt.html#d

Was ist eine Institution? Wikipedia: "Als Institution (lat. institutio, „Einrichtung, Erziehung, Anleitung“) wird ein mit Handlungsrechten, Handlungspflichten oder normativer Geltung ausgestattetes Regelsystem bezeichnet, das soziales Verhalten und Handeln von Individuen, Gruppen und Gemeinschaften in einer Weise konditioniert, dass es für andere Interaktionsteilnehmer vorhersehbar oder zumindest erwartbar ist."

Beispiel: Ein Sportverein ist eine Institution. Er hat eingeschriebene und meist auch zahlende Mitglieder. Er hat eine Satzung (beim Staat = Verfassung), in der Rechte und Pflichten festgelegt sind und die Leitung und deren Befugnisse. Ein Sportverein hat einen Vorstand und einen geschäftsführenden Vorstand, der den alltäglichen Kram erledigt. Von den Mitgliedern wird erwartet, dass sie sich untereinander sportlich fair und zuvorkommend verhalten. Bei einem Mitglied des Sportvereins kann man erwarten, dass er Beiträge zahlt und an mindestens einem der Angebote des Vereins teilnimmt.

In diesem Sinne sind auch die römisch katholische Kirche oder die lutherischen Kirchen Institutionen mit Beiträgen, einem nur für die Institution geregelten Recht und mit entsprechenden Machtbefugnissen ausgestatteten Leitungen.

Die Auffassung von Stoodt ist, dass keine Religion länger überlebt, wenn sie sich nicht auch organisatorisch aufstellt und als menschliche Vereinigung mit Satzung, Bekenntnis usw. eine Form gibt. Da dürfte er richtig liegen, denn alle Religionen, die wir als beständig kennen, haben einen Mindstorganisationsgrad, den wir Institution nennen können. Manchmal wird Religion als Staatsreligion auch institutionell von den staatlichen Institutionen verwaltet und ihre Leitungen sind höhere Staatsbedienstete.

Die katholische und die evangelische Kirche sowie das Judentum. Diese haben einen festen Auufbau und feste Regeln. Sie sind fast wie Firmen aufgebaut.