Haftentlassung nach mehr als 15 Jahren?
Immer wieder kommt es vor, daß Strafgefangene selbst nach weit über 15, gar 20 Jahren Haft entlassen werden. Der längste Insasse einer deutschen JVA war Hans-Georg Neumann (* 14. September 1936 in Berlin) ist der in Deutschland am längsten inhaftiert gewesene Strafgefangene. Er war wegen Mordes ab 1962 rund 59 Jahre in Haft. Nun frage ich mich, wenn ein Mensch derart lange in Haft gesessen hat, wie kommt derart Mensch dann nach seiner Entlassung in der freien Gesellschaft überhaupt noch zurecht? Wäre es daher nicht besser, derart Langzeithäftling für immer in Haft zu belassen?
3 Antworten
In Deutschland ist auch im Strafvollzug die Resozialisierung oberstes Gebot. Ziel der Gefängnisstrafe ist es, den Täter wieder in die Gesellschaft einzugliedern, von der er sich mit seiner Tat entfernt hat.
Resozialisierung oder besser Re-Sozialisation ist sowohl Zweck als auch Ziel der Strafe.
Mit Gesprächen, Therapien und vielem mehr, werden Gefangene ständig auf ein normales Leben und die Zeit danach vorbereitet. Das gelingt mal besser und mal schlechter und ist sicher auch von Anstalt zu Anstalt verschieden.
Und tatsächlich gibt es vor der Entlassung sowas wie Hafturlaub oder Freigang, manchmal über Jahre. Sozialarbeiter begleiten Freigänger und helfen z.B. bei Bewerbungsgesprächen, Wohnungssuche usw.
Aus dem Grund den Du anführst, jemand könnte eventuell Schwierigkeiten haben sich in der Gesellschaft zurechtzufinden, darf natürlich niemand für immer inhaftiert bleiben.
Mit der nachträglichen Sicherungsverwahrung haben wir ja bereits das (umstrittene) Instrument der weiteren Inhaftierung nachdem die Strafe abgesessen ist eingeführt. Bei diesen Leuten geht man davon aus, dass sie weiterhin gefährlich sind.
Nur weil jemand kein Smartphone bedienen kann und nicht weiß wie er ein Ticket löst kannst Du niemanden bis zum Tod ins Gefängnis sperren.
War missverständlich.
Hier werden oft unmenschliche Dinge unter dem Deckmantel der Menschenfreundlichkeit gefordert.
Z.B. Sterbehilfe für Langzeitarbeitslose usw.
Daher bin ich vorsichtig.
Jedenfalls dauert es nicht lange bis sich jemand wieder eingewöhnt hat. Migranten und Auswanderer schaffen es sogar sich in einem komplett anderen Land einzugewöhnen.
Und Haft ist entgegen landläufiger Meinung kein Vergnügen und auch nicht gerade lebensverlängernd.
Nicht duschen können wann und wie lange man will. Keine tolle medizinische Versorgung. Schlechtes und zu wenig Essen. Zwangsarbeit für 80 Cent pro Stunde und miese, spannungsgeladene Stimmung und Mobbing bis hin zu Schlimmerem.
Dann besser draußen erstmal der Trottel sein.
wie kommt derart Mensch dann nach seiner Entlassung in der freien Gesellschaft überhaupt noch zurecht?
Darauf wird er in Haft vorbereitet. Ein wichtiger Teil des deutschen Strafsystems ist ja die Wiedereingliederung in die Gesellschaft.
Wäre es daher nicht besser, derart Langzeithäftling für immer in Haft zu belassen?
Nein, das wäre menschenrechtlich absolut nicht tragbar.
Aber 59 Jahre Haft sind menschenrechtlich tragbar oder was?
Wenn diese Strafe für sein Verbrechen verhängt wurde, auf jeden Fall.
Was ich eigentlich mit meiner Frage ausdrücken wollte war, daß ein Mensch der Jahrzehnte lang hinter Gitter saß, in der Freiheit wohl nicht mehr zurecht kommen wird.