Blickwechsel 18. April 2023
Deine Fragen an einen Feuerwehrmann
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Das Freizeitverhalten hat sich geändert, die Arbeitsanforderungen auch: was ist, wenn nicht mehr genug Leute in die Freiwillige Feuerwehr gehen?

8 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Wenn das nicht mehr funktioniert dann beenden wir das Experiment mit den Freiwilligen Feuerwehren wieder und kehren zu dem zurück was wir davor hatten. Jeder hilft sich selbst oder jeder ist zur Hilfeleistung verpflichtet. Ging doch früher auch so.

Okay das war ein Scherz. Wobei mir der Gedanke das jeder wieder selbst für seine Sicherheit verantwortlich ist schon irgendwie gefällt. Weg von der Voll-Kasko-Mentalität.

Aber mal im Ernst. Verantwortlich ist nach den Feuerwehrgesetzen der Träger des Brandschutz. Er muss eine leistungsfähige Feuerwehr aufstellen. Schafft er das nicht mit Freiwilligen so bleibt eine Pflichtfeuerwehr oder er muss eine Berufsfeuerwehr einrichten, wenn sonst nichts mehr geht.

Für die meisten Orte würde das bedeuten das der Großteil des Haushaltes dafür drauf geht. Geld für Kinder oder Vereine gibt es dann nicht mehr. Für einige Gegenden wäre das mal ein Signal. Vermutlich wird es aber so enden das man die Anforderungen herunter schraubt. Da gibt es dann eben nur noch einzelne große Stützpunkte. Die Eintreffzeiten werden entsprechend lang. Solche Modelle gibt es in Europa ja schon. Braucht man nur nach Holland oder gar Norwegen zu schauen. Wenn du in Norwegen einen Unfall hast kann es sein das die Feuerwehr eine Anfahrt von 120 km hat.

Anastasia65 
Fragesteller
 17.04.2023, 14:44

Da ist es in Deutschland besser, aber dann empören mich Meldungen (ist allerdings Jahrzehnte her) um so mehr, dass Kommunalpolitiker den Feuerwehren einen Zuschuss von wenigen hundert D Mark (wie gesagt lange her) streichen, weil die es ja doch nur für interne Feiern ausgeben würden.

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Nomex64  17.04.2023, 19:50
@Anastasia65

Das wundert mich nach über 40 Jahren nicht mehr wirklich. Du erlebst immer wieder Politiker denen nicht klar ist das Brandschutz eine Pflichtaufgabe und die Feuerwehr kein Verein ist. Mittlerweile habe ich auch eine ganze Reihe von Bürgermeistern und Politikern kommen und wieder gehen sehen. 😉

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Dann wird die freiwillige Feuerwehr aufgelöst und eine sogenannte "Pflichtfeuerwehr" eingeführt. Eine Möglichkeit, die zwar durch die Feuerwehrgesetze gegeben ist, im Endeffekt im Grundgesetz und in der Realität äußerst wackelig ist. Solange sich genug Einwohner dann zum Feuerwehrdienst zwingen lassen, ist alles gut. Bricht auch dieses Konzept dann zusammen, muss die Kommune eine hauptamtlichen Feuerwehr aufgebaut werden, was natürlich Geld kostet.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
Anastasia65 
Fragesteller
 17.04.2023, 10:43

Man kann niemanden zwingen, in ein brennendes Haus zu laufen oder?!

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Kuestenflieger  17.04.2023, 10:54
@Anastasia65

du gar nicht !

aber feuerwehrleute lernen das mit passender schutzkleidung und dreifacher absicherung .

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uhyrius  17.04.2023, 10:55
@JuniorBJ92

Bei hohem Risiko hält das keinem Gerichtsurteil stand. Unter Feuerwehrpflicht ist wohl mehr das Löschen zu verstehen und nicht irgendwelche "Heldentaten".

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JuniorBJ92  17.04.2023, 11:02
@uhyrius

Du scheint nicht zu wissen wie Feuerwehr funktioniert, das hat wenn man es richtig macht nämlich nichts mit "Heldentaten" zu tun.
Klassische Zimmerbrände werden nunmal im Innenangriff gelöscht, dafür trägt man auch entsprechende Schutzkleidung und Atemschutzgeräte. Von außen kann man so etwas gar nicht löschen und Menschenrettung, was die Hauptaufgabe der Feuerwehr ist, wäre dann auch nicht möglich.

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iwaniwanowitsch  17.04.2023, 13:10
@JuniorBJ92

Welche aber nicht umsetzbar sind, da Zwangsarbeit (dazu noch eine, die enormes Wissen, körperliche Höchstform und geistige Kompetenz vorraussetzt wie der Feuerwehrdienst) in Deutschland außer den im Art. 12 GG genannten Ausnahmen nicht zulässig ist.

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JuniorBJ92  17.04.2023, 13:16
@iwaniwanowitsch

Hast du schon mal behauptet und in deiner Argumentation selber widerlegt, das es gegen das GG ist. Steht nämlich drin das man dafür verpflichtet werden kann! "außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht" und darunter fallen die Gesetze zur Pflichtfeuerwehr.

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iwaniwanowitsch  17.04.2023, 14:12
@JuniorBJ92

Nein, diese Pflicht besteht eben NICHT für ALLE Menschen in Deutschland, demnach ist sie gesetzwidrig. Allein schon, weil zig Kompetenzen für Mitwirken im Feuerwehrdienst gefordert sind, KANN man niemanden dazu zwingen.

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Wenn es tatsächlich zu dem Fall kommen sollte, dass eine Feuerwehr nicht mehr genügend freiwilliges Personal findet und auch keine andere Feuerwehr den betroffenen Bereich innerhalb der gesetzlichen Hilfsfristen abdecken kann, gibt es sogenannte Pflichtfeuerwehren. Wie diese aufzustellen sind ist in den Landesfeuerwehrgesetzen geregelt.

Die einzige langfristige Pflichtfeuerwehr in Deutschland ist aktuell die Feuerwehr List auf Sylt, dort besteht seit 2005 eine Pflichtfeuerwehr aufgrund von Personalmangel, hier läuft aber aktuell der Umwandlungsprozess zurück zu einer Freiwilligen Feuerwehr.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Zugführer in einer größeren bayerischen Feuerwehr

Es wird versucht ausreichend Freiwillige zu gewinnen. Ist dies nicht mehr möglich, dann sehen die Landes- Feuerwehrgesetze auch die Einführung von einer Pflichtfeuerwehr vor. Das bedeutet, dass ortsansässige Personen, die sich in einem geeigneten Alter dafür befinden, dann angeschrieben und zum Dienst in der Feuerwehr verpflichtet werden können. Dies funktioniert allerdings auch nur bis zu einem gewissen Grad, da die Arbeitsorte heutzutage häufig weiter entfernt sind und es somit im Ernstfall nicht möglich wäre, rechtzeitig einzutreffen. Auch Konflikte mit den Arbeitgebern, sind grundsätzlich bei den Angehörigen der freiwilligen Feuerwehren heutzutage keine Seltenheit mehr. Zwar ist gesetzlich geregelt, dass diese im Einsatzfall ihre Arbeitsstätte während der Arbeitszeit verlassen dürfen, jedoch haben die Arbeitgeber natürlich ein eigenes, wirtschaftliches Interesse und haben die Möglichkeit, Angehörige der freiwilligen Feuerwehren nicht zu beschäftigen. Langfristig bliebe dann daher nur noch die Möglichkeit, eine Berufsfeuerwehr aufzustellen oder was es zum Teil auch bereits gibt, eine Mischung aus Berufsfeuerwehr und freiwilliger Feuerwehr. Das bedeutet, dass auf der Wache der freiwilligen Feuerwehr immer ein paar Berufsfeuerwehrleute anwesend sind um im Einsatzfall dann ein paar Freiwillige hinzukommen.

Mfg

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Rettungsdienst🚑, sehr großes Interesse an Notfallmedizin.
Anastasia65 
Fragesteller
 17.04.2023, 15:01

Danke für die ausführliche und kompetente Antwort (gilt für die meisten anderen Antworten auch!) Wie ist es denn, wenn deine Arbeitsstätte ebenfalls mit der Verantwortung für Menschen einhergeht, wie in der Altenpflege zum Beispiel?

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Rollerfreake  17.04.2023, 18:31
@Anastasia65

Dann kann man eben nur während seiner Freizeit an den Einsätzen der freiwilligen Feuerwehr teilnehmen, ganz klar. Man hat in diesem Berufen ja eine allgemeine Hilfeleistungspflicht nach §323c Strafgesetzbuch (StGB) sowie während der Berufsausübung zusätzlich auch noch eine Garantenstellung gemäß §13 StGB. Man kann zwar auch nicht grundlos Einsätze der freiwilligen Feuerwehr "ablehnen", jedoch ist es wenn man einen entsprechenden Beruf ausübt ja nicht grundlos sondern man hat in diesem Moment ja eine andere wichtige Verpflichtung der man nachgeht. Es kann auch sein, dass ein Chirurg in der freiwilligen Feuerwehr ist und dieser würde (und dürfte) auch nicht einfach aus dem Operationssaal rennen wenn ein Einsatz der Feuerwehr kommt.

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Auf die Feuerwehr. Das ist gesetzlich festgehalten. Dadurch, dass die Gemeinde/Stadt für den Brandschutz verantwortlich ist.

Wenn dieser eben nicht durch die Freiwillige Feuerwehr geleistet werden kann, muss sich die Stadt etwas anderes einfallen lassen. Entweder eine Pflicht- oder eine Berufsfeuerwehr. Letzteres ist mit immensen Kosten verbunden.

Da sich dies logischerweise nur die wenigsten Gemeinden leisten können, würden die Feuerwehren alle aufgelöst und dann an einzelnen Stüttzpunkten neu gegründet werden. Das würde in enorm längeren Eintreffzeiten resultieren, das wäre auch nicht tragbar.

Fakt ist also, dass es ohne das Ehrenamt einfach nicht geht.