Beerdigungen bei "schlechten" Menschen?

7 Antworten

Ich habe das schon sehr unterschiedlich erlebt. Einmal hat eine Verstorbene die Rede für sich selbst verfasst. Da wurden dann nur grobe Eckdaten des Lebens verlesen und keine Lobesworte sondern Dankesworte für verschiedene Leute.

Einmal konnte ich eine Bitte hören in der alle denen der Verstorbene unrecht getan hat, ihn doch verzeihen möchten.

Ich habe erlebt dass nur ein paar sehr allgemeine gute Dinge gesagt wurden. So ähnlich wie in einem Zeugnis wenn da steht: " Er hat sich stets bemüht.... !"

Es liegt wohl an den Angehörigen wie viel Scheinheiligkeit sie zulassen wollen und ob nicht doch die Situation alle Probleme vergessen lassen und man die alte Sitte, in der es galt nichts Schlechtes über Verstorbene zu sagen, beibehält.

Ich persönlich halte so viel wie möglich eigene Gedanken zu diesem Thema (die man schriftlich niederlegt) für sehr sinnvoll.

Es gibt fast immer was "Gutes" zu berichten. Wie in deinem Beispiel:

"Escobar war sozial engagiert: Er finanzierte Krankenhäuser, Sozialwohnungen und Schulen und genoss
daher unter dem ärmsten Teil der Bevölkerung seiner Heimatstadt Medellín
zum Teil sogar einen guten Ruf. Das Fußballstadion seines Heimatvereins
in Envigado wurde mit seinen Geldern erbaut. Escobar gründete in
Medellín Büro- und Apartmentkomplexe, Diskotheken und zahlreiche
Restaurants, noch heute sind seine Spuren sichtbar."

oder Worte wie

"Er war ein liebender Familienvater" gehen auch fast immer.




zillafischer1  14.09.2016, 17:04

Und was hätte man dann auf Hitlers Beerdigung gesagt?

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ThadMiller  14.09.2016, 17:09
@zillafischer1

Abgesehen davon, dass es wahrscheinlich keine Beerdigung gab?

Liebender Eheman... Hundefreund...EIn Mann mit Visionen und Durchsetzungskraft... brillianter Redner...hat im WK1 für sein Land gekämpft...etc...

(Ja ich weiß, alles sehr grenzwertig!)

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Das kann man nicht abstrakt beschreiben.
Vorab: Ich habe auch nichtkirchliche Grabreden gehalten und halte derzeit wenn dann nur kirchliche.

Mein Anspruch ist, dass niemand der Anwesenden durch meine Ansprache verletzt wird. Auch über "schlechte" Menschen kann man behutsam sprechen.

Aber mein Anspruch ist auch, dass man von einem Menschen ehrlich Abschied nehmen kann. Wenn man unter einem Menschen gelitten hat, muss man auch davon ehrlich Abschied nehmen können.

Angenommen, ich erzähle über einen "Schweinehund" nur Gutes, und alle anwesenden Trauernden denken: "Wenn der wüsste...", dann hätte ich doch allen die Beerdigung versaut.

Oder flapsig ausgedrückt: Wenn Petrus den Verstorbenen an der Himmelstür zurück schickt und sagt: Da ist doch gerade eben ein ganz anderer bestattet worden. Du bist das nicht.

Nach meiner Erfahrung kann man vieles sehr behutsam und doch ehrlich ansprechen. Man kann auch beklagen, worunter man gelitten hat oder was man sich anders gewünscht hätte. Ehrlich, und doch von der Grundstimmung versöhnlich. Es ist nicht einfach, aber solange jemand da ist, der um ihn oder sie weint, geht das.

Und wenn es in einem christlichen Sinne geschieht, kann man auch nett drauf hinweisen, dass hier ein Mensch beerdigt wird, dem vieles vergeben werden muss und dass es vielen schwerfällt, ihm das zu vergeben.

Die meisten Anwesenden kennen doch den Verstorbenen genügend gut. Denen erzähle ich damit auch nichts Neues, wenn ich ehrlich über ihn erzähle.

also ich war schnn auf extrem vielen Beerdigungen, aber noch bei keiner Einzigen von einem schlechten Menschen...  ;-)  Aus dem Grund kann ich es nur vermuten... Bin mir sicher, dass der Pfarrer jetzt nicht über einen Toten ablästert, er wird eher allgemeiner sprechen und nichts aufs Persönliche eingehen... 

Hallo starship,

Das Leben wird nicht daran gemessen, was man alles positiv gemacht hat. Jeder Mensch trägt etwas zum Leben in der Gemeinschaft bei. Auch wenn der Mensch in vielen Augen als brutaler Mörder dasteht, hat er aber zusätzlich noch andere Eigenschaften haben. Ein General, der seine Truppen in den Kampf ruft, ermutigt die Kämpfer. Er kann gutes Charisma haben und zielstrebig sein. Manch ein Mensch könnte sich davon eine Scheibe abschneiden und dies für "bessere" Dinge  einsetzten.

Ich bin kein Theologe, hoffe dir dennoch einen Gedankenansatz liefern zu können.

Gruß

DieOellampe