Auswandern nach Japan wie realistisch ist das?

4 Antworten

Es ist nicht unmöglich, aber es ist schon ein gewaltiger Schritt. Es gibt ein paar Punkte, auf die es Sinn macht hinzuweisen bzw. die womöglich unablässig sind.

  1. Japanisch. Klar. Du hast ja schon angefangen, also gehe ich davon aus, dass dir Keigo ein Begriff ist. Als Ausländer wird einem ja einiges verziehen. Aber grade wenn man sich in der Arbeitswelt behaupten will, muss man das drauf haben, um wirklich ernst genommen zu werden. Das ist zumindest die Faustregel. Es kommt natürlich drauf an, welche Art Job du suchst. In der Gastronomie zum Beispiel oder als Fremdsprachenlehrer hast du da eher noch Chancen als als Sekretär eines Handelsriesen.
  2. Auch als Fremdsprachenlehrer würdest du fast überall mindestens nen Master brauchen (worin ist eigentlich Schnuppe). Oft wird vorausgesetzt, dass man Muttersprachler ist, aber ich hab schon so oft gehört, dass Leute das einfach angegeben haben und Glück hatten, weil die Angaben nicht wirklich geprüft worden sind. Das ist natürlich was für Leute mit stählernen Nerven, ich würde das nicht unbedingt durchziehen...aber natürlich sind Englischlehrer eben begehrter als Deutschlehrer. Du kannst dich auch erst mal nach Stellen für Assistenzlehrer umsehen, vielleicht fördert das mehr brauchbare Ergebnisse zutage.
  3. Der Arbeitsmarkt ist streng. Die Überstundenproblematik dürfte dir ein Begriff sein. Dazu kommt, dass du, falls du doch in eine typische Firma einsteigen solltest, ab irgendeinem Punkt unausweichlich Dinge wirst tun müssen, für die du überhaupt nicht qualifiziert bist, aber es wird die einzige Möglichkeit sein, eine Gehaltserhöhung zu bekommen. Wenn du die Firma wechselst, nützen dir alle bisherigen Qualifikationen nichts; in der neuen Firma startest du bei null. Ab einem gewissen Alter (kurz vor der Rente) wird dein Lohn wieder herabgesetzt, weil du dann ja nicht mehr so effizient arbeitest wie früher. Und ich sags dir offen; Japan liebt es manchmal, sich Dinge mit straffen Regelungen komplizierter zu machen. Das Protokoll einzuhalten ist in viele Punkten wichtiger als das Ergebnis. Kann ziemlich frustrierend sein.
  4. Die Gesellschaft allgemein kann einen manchmal echt an Grenzen bringen. Obwohl es wirklich extrem nette Leute gibt und man sich grade in de Gastronomie nichts lieber wünschen kann - es ist einfach extrem schwer, echte Freunde zu finden, mit denen du über mehr reden kannst als über Wetter und Essen, übertrieben gesagt. Zu zweit würdet ihr das sicher überleben, aber es ist gut, sich dessen bewusst zu sein. Und die Art wie hier Konflikte gelöst werden (oder eben nicht, sondern unter den Tisch gekehrt) ist wirklich manchmal schwer zu akzeptieren.
  5. Allgemein Ausländer zu sein in Japan kann extrem frustrierend sein. Im Westen haben wir auch Ausländerfeindlichkeit und Rassismus. Aber da herrscht wenigstens allgemein der Konsens, dass das überkommen, ungerechtfertigt, einfach ne schlechte Sache ist. In Japan ist das anders. Hier wird Rassismus z.T. offen von politischen Institutionen betrieben. Für manche Leute sind Ausländer zwar exotisch und ganz niedlich, und ihre Kultur ist mal was anderes. Aber dass diese Kultur ihrer ebenbürtig sein könnte/dass man sie auf einer Augenhöhe sehen sollte, ist gar kein Gedanke. Diese Leute sind nicht gemein oder schlechte Menschen per se. Aber so wachsen die hier eben immer noch auf. Und da hilft es nicht, dass auch die Jugend oft nur schlechtes Englisch spricht und generell vergleichsweise wenig Ausländer auf Dauer dort bleiben.

Bestimmt ist dir vieles nicht neu. Ich wollts nur auf jeden Fall gesagt haben. Melde dich gerne mit spezifischeren Fragen, ich werd nach bestem Wissen und Gewissen gern Auskunft geben.

Wer keine realistischen Pläne (wohin?, wann?, wie?) oder ein Jobangebot in der Tasche hat, der ist erstmal ein Träumer, egal ob nun 14 oder 20 Jahre alt.

Was hast du denn studiert? Ein abgeschlossenes Hochschulstudium (hier sollte es ein Masterabschluss sein) ist Voraussetzung für jedes gute Visum (Ausnahme: Jahrelange Berufserfahrung in einem Handwerk oder ähnlichem).

Kann dein Japanisch mit dem eines gleichaltrigen und ähnlich ausgebildeten Japaners mithalten? Im Bewerbungsgespräch musst du diese Leute ausstechen können. Und ganz davon abgesehen, möchtest du in Japan leben. Da sollte das selbstverständlich sein, dass man alles in der Landessprache machen kann. Leider können viele Leute hier nur ‚Guten Tag’ und ‚Auf Wiedersehen‘. Ganz schlimm....

Gerade als Europäer musst du mit High Specs nach Japan kommen. Da kannst du eben nicht als Krankenschwester oder am Fließband anfangen, wie viele Südasiaten und Brasilianer mit japanischen Wurzeln. Und auch die ganzen Englischlehrerposten sind erstmal quasi unerreichbar, weil du kein Muttersprachler bist.

Wege führen also in Unternehmen mit Auslandskontakt, die vor allem deine sprachlichen Fähigkeiten brauchen. Import/Export ist hier ein Stichwort. Wenn man dementsprechend ausgebildet ist, ist das noch besser. Deutschlehrer an höheren Institutionen (eher nicht Fulltime und auch nicht frisch nach dem Studium) ist eine andere Möglichkeit. Im IT-Bereich könnte man auch fündig werden. Aber da gibt es sicherlich bessere Leute, als Europäer.

Bekommen kann man eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis, wenn man einen Arbeitgeber findet, der argumentieren kann und möchte, dass die Fähigkeiten, die man als Ausländer hat, für das Unternehmen wichtig sind und kein Japaner das gleich gut kann. Ist die Firma dann noch groß genug und bietet eine ähnliche oder höhere Vergütung, wie sie ein gleichwertiger Japaner bekommen würde, dann kann man versuchen damit eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis beantragen, sofern der Job, den man angeboten bekommen hat, in eine der Visakategorien passt.

Halten kann man das Visum, wenn man beim Verlängerungsantrag unauffällig war, ein geregeltes Einkommen hat (Einkommensnachweise des vergangenen Jahrs, sowie Nachweise über das, was man verdienen wird), Steuern bezahlt hat und einen Arbeitgeber nachweisen kann (bzw. immer noch denselben hat).

Wer gut vorbereitet ist, etwas kann und sich an die Regeln hält, der kann auch in Japan leben. Fragt sich halt nur, warum eine solche Person das möchte, denn im Vergleich zu Deutschland muss man in quasi allen Lebensbereichen Abstriche in Kauf nehmen.

Als Nicht-Asiate mit europäischer Erziehung wirst du mit der dortigen Mentalität und Arbeitseinstellung nicht zurechtkommen.


keonadreams 
Fragesteller
 06.01.2018, 22:36

Trifft vielleicht für diejenigen der deutschen zu die am liebsten den ganzen Tag, auf der Couch hängen und rtl schauen, während Geld des staats und der Mitbürger auf's Konto fließt

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M1603  07.01.2018, 03:52

@keonadreams: Wie viele Jahre hast du denn bereits in Japan gelebt und gearbeitet, dass du das beurteilen kannst?

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