Dassselbe wie der Unterschied zwischen zwanghaftem Verhalten und Zwangsstörung oder depressiver Verstimmung/Episode/Symptomatik und Depression.
Essstörung, Zwangsstörung, Depression bezeichnen permanente, dauerhafte psychische Erkrankungen. Jeder Essgestörte hat ein gestörtes Essverhalten, jeder Zwangsgestörte benimmt sich zwanghaft und jeder Depressive ist depressiv.
Allerdings können auch ansonsten gesunde Menschen zu gestörtem Verhalten neigen - das tritt z.B. auf, weil jemand gerade gestorben ist, wenn man Liebeskummer hat, wenn man zu viel Angst vor dem Coronavirus bekommt und beginnt übertrieben viel zu desinfizieren, wenn man sich mal aus Frust 2000kcal vorm Fernseher reinstopft oder eine unnötige Diät beginnt.
All das (Absatz darüber) ist teilweise gestörtes Verhalten - aber es reguliert sich wieder, wenn der Liebeskummer aufhört, wenn die Trauer überwunden ist, wenn die Coronakrise vorbei ist und so weiter. Bei einer psychischen Krankheit reguliert sich das jedoch nicht, es bleibt Bestandteil des Alltags, es verhindert ein normales soziales Leben, es gibt einen hohen Leidensdruck. Der Depressive bleibt also jahre oder jahrzehnte lang in einem Kummer gefangen, der auch gar keine Ursache mehr haben muss, sondern so als Grundzustand. Die Magersüchtige hungert sich bis zum Tod runter, es ist ihr egal wenn sie daran stirbt, der Zwangsgestörte wäscht sich auch weiterhin die Hände übertrieben viel, wenn Corona schon lange kein Thema mehr ist. Es sind permanente Krankheiten, die mit traumatischen Erfahrungen und Hormonimbalancen im Gehirn zusammenhängen.
Sogesehen kann man sagen, dass ein gestörtes Verhalten so eine Art Vorgeschmack, Testerlebnis für eine gesunde Person ist, wie es sich anfühlt daran zu erkranken. Die Psychologie geht auch davon aus, dass kein Mensch wirklich zu 100% gesund ist. Also jeder von uns hat krankhafte Anteile und Angewohnheiten. Das beste Beispiel ist, dass ja in Wirklichkeit jeder von uns zumindest ein bisschen Smartphone-süchtig ist. Und dass Alkohol eine Gesellschaftsdroge ist. Und dass jeder irgendwelche zwanghaften Eigenschaften oder irrationalen Ängste besitzt. Nur, wenn das Verhalten erst richtig ausufert, stark ausgeprägt ist und permanent gefestigt ist, diagnostiziert man den Menschen mit einer bestimmten Krankheit.
Gerade bei Essstörungen wäre ich aber sehr vorsichtig - hier sind die Grenzen besonders fließend. Es fängt oft unbemerkt an und Betroffene bemerken gar nicht, dass sie in eine Essstörung schlittern. Besser einmal zu früh mit einem Psychologen besprechen, ob das was man tut gesund ist als zu spät. Wenn man aus einem berechtigten Grund (Übergewicht) abnimmt, macht das Sinn. Wenn der eigentliche Grund aber eigene Unsicherheiten und Selbstzweifel sind, kann sich sehr schnell eine Essstörung entwickeln.