Was vielleicht noch vor 20 Jahren als klassisches »Punkte hin und her schieben« bezeichnet wurde, findet heute anders statt. Ja, das ist teils politisch motiviert, doch selbst da beschränkt sich das meist auf die Jury-Wertungen die lediglich 50% der Punkte ausmachen. Sieht man sich beispielsweise das detaillierte Ergebnis von 2021 an, erkennt man, dass sich beim Televoting die Zuschauer aus der Ukraine und Russland gegenseitig auf dem 7. und 4. Platz hatten und sich so, trotz politischer Spannungen, einige Punkte gaben. Teils lässt sich das auch auf eine gemeinsame Kultur zurückführen, so ist beispielsweise der Musikgeschmack der Menschen vom Balkan äußerst ähnlich, weshalb diese auch wahrscheinlicher für ihre Nachbarn abstimmen, wenn diese z.B. traditionelle musikalische Elemente in ihren Songs enthalten.

Vor allem in den letzten Jahren merkt man zunehmend Einstimmigkeit im Stimmverhalten der Zuschauer: so bekommen meist die letzten Plätze wenige bis gar keine Punkte und die Bestplatzierten einen überproportional großen Anteil der Televoting-Punkte. Vernetzter zu sein (vor allem durch Social Media Plattformen wie TikTok) eint auch den Musikgeschmack, in diesem Fall eines ganzen Kontinents.

Die Abstimmung der größten ESC-Community Seite zur Frage, wer heuer 2022 gewinnen sollte, ergibt 1. Platz: Italien, 2.: Schweden, 3.: Spanien, 4.: Ukraine. Obwohl die Ukraine seit Beginn der Invasion Russlands in den Wettquoten auf Platz eins steht (wohl mitunter aus Solidarität) ziehen Fans bei der Bewertung das Lied (und die Performance) dem politischen Geschehen und einhergehenden Abstimmungspräferenzen vor.

Abschließend kann man sagen: ja, es gibt sehr wohl andere Faktoren wie die Musik und die Performance, die das Voting beeinflussen – bei den Zuschauern jedoch zunehmend weniger. So sieht man dass ein Land wie Deutschland je nach Qualität des Beitrags unterschiedlich abschneidet (2018: 4. Platz, 2019: 25. Platz).

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