1 Antwort

Na ja, wenn wir von einer „Kolonie“ sprechen, ist das ja nochmal ganz was anderes als eine Forschungsstation. Und selbst die wäre eine extreme Herausforderung. Sogar auf dem Mond – ganz zu schweigen vom Mars. Bin da sehr skeptisch, ob das wirklich Realität werden kann. Und obwohl ich die Raumfahrt unglaublich faszinierend finde, bin ich auch nicht davon überzeugt, dass man ein solches Ziel einer Marskolonie verfolgen sollte, wie das z. B. Elon Musk in die Welt gesetzt hat. Klar, klingt nach einer aufregenden Vision. Aber viele, viele Menschen, die auf dem Mars leben und ihn besiedeln? Dafür gibt es auf unserem eigenen Planeten zu viele Probleme wie vor allem den Klimawandel.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Jahrelang tätig im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Tutmosis  06.08.2022, 01:24

Hallo, Hr. Kratzenberg-Annies. Ich hänge Ihnen mal eine Antwort an, die ich hier schrieb. Welche der genannten Probleme sind so weit gelöst, das man es wagen könnte?

0
Tutmosis  06.08.2022, 01:26
@Tutmosis

Hallo. Wenn ich jung genug wäre und gefragt würde, ja. Falls unsere Zivilisation nicht zusammenbricht, sprich, wir das Geld und die Möglichkeiten haben, wird mit Sicherheit ein Mensch den Mars betreten. Daran glaube ich, denn so war es immer. Wir sind neugierig und wollen wissen, was hinterm Horizont ist. Wie du aber selbst gesagt hast, existiert die Technologie seit über 40 Jahren, in der Theorie! Alle notwendigen Systeme um den Mars zu erreichen, dort sanft zu landen und dort zu leben sind in Entwicklung, aber keines ist so weit durchentwickelt, das man sich darauf verlassen könnte. Und man muss sich auf dem Mars darauf verlassen können, da schnelle Hilfe nicht zu erwarten wäre. Diese Aussagen stammen nicht von mir, sondern von Astronauten der NASA und ESA!

1.) Die Flugdauer muss drastisch verkürzt werden, durch Anwendung von hochenergetischen Ionentriebwerken. Das verkürzt die Flugdauer und damit die Einwirkung von Strahlung erheblich. Sind in Entwicklung, aber keiner kann dir die momentan einbauen.

2.) Selbst so "simple" Sachen wie Raumanzüge, die für einen längeren Marsaufenthalt geeignet wären, sind in Arbeit. Sie müssen über Monate und Jahre mit dem Feinstaub auf der Marsoberfläche klarkommen. In Entwicklung, aber noch nicht vollständig fertig und getestet.

3.) Habitate werden ebenfalls entwickelt, aber keiner hat die je auf dem Mond vorgetestet, ob sie praktikabel wären. Also, in Entwicklung.

4.) Fahrzeuge. Dasselbe. Man braucht Fahrzeuge mit denen man etwas schneller unterwegs wäre, als die momentanen Rover. Müssten auch mehrfach größer sein. In Entwicklung. Nicht ausreichend getestet.

5.) Energieversorgung. Es stehen Solarpaneele, Radionuklidbatterien mit Thermowandlern und Atomreaktoren zur Auswahl. Bis jetzt hatte niemand einen Atomreaktor ausreichender Stärke im Weltraum. Wird aber machbar sein. Also in Entwicklung.

6.) Die Schwerlastraketen, um alles ins All und einen Marstransit zu bringen. In Entwicklung, aber noch nicht sofort abrufbar. In einigen Jahren vielleicht.

7.) Nahrungsmittelversorgung. Vielversprechende Versuche, aber noch keine verwertbare Entwicklungsreife. Also in Entwicklung. Wird machbar sein, aber jetzt noch nicht.

8.) Strahlenschutz für die Siedlung. Mehrere Modelle. Entweder unterirdisch angelegt in Lavatunneln. Aufschüttungen von Marsboden um vorhandene Habitatmodule. Dazu braucht man Baumaschinen, die vorteilhaft von Robotern bedient werden. In Entwicklung aber noch nicht auf dem Mond getestet.

9.) Verkeimung von Raumschiffen und Habitaten. Dies dürfte eines der größten Probleme werden. Man kennt die Verkeimung von Raumschiffen seit den Zeiten der MIR und nun auch auf der ISS. Dort ist es immer feucht, warm und hell. Ein Schlaraffenland für Bakterien und Pilze. Ein großer Teil der Arbeit auf den Raumstationen besteht aus putzen und reinigen. Die MIR wurde nicht nur aus Altersgründen aufgegeben, sondern weil sie total versifft war. Ob man das überhaupt in den Griff bekommen kann, weiss niemand. Auf dem Mars wäre das lebensgefährlich.

Man könnte die Liste noch erweitern. Aber wie gesagt, die ganzen Technologien müssen entwickelt und in der Praxis getestet sein. Alles andere wäre Dummheit. Wenn wir auf dem Mars landen, sollten wir es mit einer gewissen technischen Souveränität tun. Erst Mond, - Dann Mars! Die zeitliche Differenz muss nicht allzulang sein.

Kurzfristigere Forschungsmissionen halte ich für realistischer. Vielleicht wäre es auch sinnvoll im Marsorbit eine Raumstation zu bauen, von der aus man vieles koordinieren und steuern könnte. Raumfahrt und die Besiedelung des Mars, sehe ich als Marathonlauf, nicht als Sprint. Aber wir werden das große Ziel erreichen!

0