Kind nur Deutscher wenn beide eltern biodeutsch, egal was im Pass steht?

Ja er hat recht ausfolgenden Gründen.

1. Der deutsche Reisepass und Personalausweis sind kein Nachweis für die deutsche Staatsangehörigkeit, sie begründen nur eine Vermutung, dass der Inhaber die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt
2. Der Staatsangehörigkeitsausweis sei „das einzige Dokument, mit dem das Bestehen der deutschen Staatsangehörigkeit in allen Angelegenheiten, für die es rechtserheblich ist, verbindlich festgestellt wird (Paragraph 30 StAG).

Wer eine deutsche Staatsangehörigkeit will, sind die Hürden hoch.

Wer einen Personalausweiß hat, wo Deutsch drinsteht, kann trotzdem ausgewissen werden.

https://www.gesetze-im-internet.de/stag/BJNR005830913.html

Die Betrachtungsweise halte ich für kritisch, von beiden Seiten:

• Die Person mit Migrationshintergrund kann das Argument verwenden, um sich zu separieren - also das Gegenteil von Integrieren. Dadurch, dass sie sich nicht "deutsch" fühlt, könnte sie dazu geneigt sein, auch nicht die deutschen Werte anzunehmen.
• Rechtsorientierte Personen können das Argument für ihre Rassenideologien nehmen und damit Menschen ausgrenzen.

Letztlich läuft die Frage auf Rassenbetrachtung hinaus: Ab wann ist jemand "deutsch", ab wie vielen Generationen gelten die Eltern als "deutsch"? Ich kenne jemand mit ausländisch klingenden Nachnahmen, dessen Familie aber vor über 100 Jahren nach Deutschland gekommen ist...

Mein Vorschlag wäre: Wenn eine Person einen Deutschen Pass hat, deutsche Werte vertritt, sich integriert fühlt und von sich sagt: "Ich bin Deutscher" - dann ist das doch ein gelungenes Beispiel für Integration. Wenn er betonen möchte, dass er auch andere Wurzeln hat und sich damit verbunden fühlt, ist es auch OK, wenn er sagt: "Ich bin halb Deutscher, halb Türke".

Also wäre er nach seiner Definition weder Türke, noch Deutscher? Oder etwas dazwischen, also als "Deutschtürke" dann kein richtiger Deutscher, aber auch kein richtiger Türke?

Im Prinzip ist das mMn nur Wortklauberei. Wenn er hier aufgewachsen ist, die Sprache spricht, hier sozialisiert wurde, ist er Deutscher mit türkischen Wurzeln. Die türkischen Wurzeln müssen ja nicht bedeuten, dass sich nicht dort auch zugehörig fühlen und teilweise die Kultur (hier) leben kann.

Wenn man die Identitäten sehr stark hinterfragt, kommt man oft zu dem Schluss, dass sich fast keiner irgendeiner Identität zugehörig fühlen kann, weil immer etwas fehlt, wenn man danach fragt.

Das gilt für Nationalität, Geschlecht, Religion, Lebensmodelle usw. Man findet immer Punkte, die für andere wichtig sind, aber auf einen selbst oder ausgewählte andere Personen eben nicht (hundertprozentig oder gar nicht) passen.

Dieses extreme Hinterfragen, dieses extreme Eintauchen in die eigenen Gedanken und Gefühle, um sicherzustellen, dass man wirklich weiß, "wer man ist", kann einen auch kirre machen - man weiß dann gar nicht mehr, inwiefern man sich trauen kann. Das liegt daran dass keiner von uns 100%ig ein Klischee, eine ideale Vorstellung von etwas, lebt.

Nehmen wir mal "Frau". Es gibt Frauen, die viele Klischees auf sich vereinen, extrem feminin aussehen, sich sehr feminin kleiden, stylen, viele stereotypisch weibliche Interessen haben - und andere, die wenig Wert auf Makeup, Haare, Kleidung legen, vielleicht auch nicht unbedingt sehr "feminin" aussehen und sich eher für stereotypisch männliche Hobbys interessieren. Trotzdem sind das ja noch Frauen!

Diese Diskrepanz findet man halt in allen möglichen Bereichen und man kann echt anfangen, an sich zu zweifeln, je intensiver man in sich hineinhorcht, wie zutreffend denn nun das eigene Empfinden mit den Idealen oder Stereotypen sind.

Man könnte auch fragen: Ist man ein echter Deutscher, wenn man keinen Alkohol trinkt und vegetarisch lebt, sich nicht für Religion interessiert, keinen Wert auf spezielles Brauchtum legt? Damit nimmt man an vielen, das "typisch deutsch" ist oder in der Vergangenheit war nicht teil. Trotzdem kann man sich als Deutscher identifizieren.

Das Hineinhorchen und Suchen nach Abweichungen und Bestätigungen von Stereotypen würde ich komplett lassen, das kann einen wirklich extrem verunsichern.

Es gibt nur eine Sorte von Deutschen und die ist in Artikel 116 Grundgesetz fest gelegt:

https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_116.html

Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt

Dieser Artikel bietet keinerlei Raum für Interpretationen. "Biodeutch" ist also ein Unwort. Es gibt keine "Biodeutschen".

Ach ja - und wenn jemand Eltern aus 2 verschiedenen Nationen hat, darf er sich folgend keiner dieser Nationen zugehörig fühlen?

Also nach dem Motto:

https://www.aphorismen.de/zitat/153994