Guten Tag, wo in Deutschland spricht man "ss" wie "s" aus? Ist das etwas regionales oder bei den Subjekten ein persönlicher Sprachfehler?

Suboptimierer  30.04.2024, 13:45

Hältst du es für denkbar, dass du das bei jemandem gehört hast, der schlichtweg einen Sprachfehler hat?

Superturk 
Fragesteller
 30.04.2024, 13:45

Ich hab das öfters gehört, z.T. in Audiobooks

5 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Von einem persönlichen Sprachfehler würde ich hier linguistisch gesehen nicht sprechen, denn es ist ganz etwas ganz Natürliches, dass sich Aussprache und Vokabular in den verschiedenen Dialekten, Regiolekten und Sprachvarietäten unterscheiden.

Diese Eigenart lässt sich phonetisch/lautlich erklären: Zwischen zwei Vokalen bzw. intervokalisch können Konsonanten oft stimmhaft werden. Durch Assimilation, also Lautangleichung, wird die Stimmhaftigkeit der Vokale auf den Konsonanten übertragen, sodass der [s]-Laut in Wörtern wie passieren oder beißen dem [z]-Laut in Besen oder Sonne entspricht (in der offiziellen hochdeutschen Aussprache). Bei der Artikulation stimmhafter Laute sind die Stimmbänder beteiligt, während bei stimmlosen Lauten die Stimmritzen (Glottis) geöffnet sind.

[p], [t], [k], [s], [f] werden außerdem als Fortislaute bzw. Fortes (→ lateinisch fortis „stark“) bezeichnet und [b], [d], [g], [z], [v] als Lenislaute bzw. Lenes (→ lenis „schwach“). Unterscheidendes Merkmal ist hier nicht die Stimmhaftigkeit/Stimmlosigkeit, sondern eher der Artikulationsdruck/Spannungsgrad und die Aspiration (Behauchung).

In vielen Mundarten kommt die sogenannte binnendeutsche Konsonantenschwächung vor, bei der eine Lenisierung/Lenierung der Konsonanten eintritt – darunter wird grundsätzlich der Wandel von Fortes in Lenes verstanden. Dadurch klingen Wörter wie reisen/reißen, leider/Leiter oder geil/Keil gleich.

Betroffen sind weite Teile des hochdeutschen Sprachgebietes (= südlich der Benrather-Linie bzw. der maken/machen-Linie), vor allem die ostmitteldeutschen Dialekte – zu denen unter anderem die thüringischen und obersächsischen Dialekte gehören – sowie die ostfränkischen und pfälzischen Dialekte (→ Wikipedia).

In den hessischen Dialekten wird zwischen dem stimmlosen [s] und dem stimmhaften [z] nicht unterschieden. Der s-Laut wird zumeist stimmhaft ausgesprochen, sodass weise und weiße fast identisch klingen (→ Wikipedia).

In vielen schwäbisch-alemannischen Varietäten wird nicht mehr zwischen Fortis und Lenis unterschieden. Die Konsonanten werden zu Lenes geschwächt bzw. lenisiert. (→ allemannisch.de).

In manchen Dialekten des Bairischen wird [s] vor allem intervokalisch zu einem stimmhaften [z] (→ Wikipedia).

Dass Doppel-S wird überall wie das Eszett (ß) oder scharfes-S ausgesprochen. "Beisen" ist falsche Aussprache.

Genauso ist es nicht die "Omma", sondern die "Oma". Das wird auch immer falsch ausgesprochen. 😀

filmfan69  30.04.2024, 13:52

Das ist regional unterschiedlich. Im Ruhrgebiet und den südlich angrenzenden Gebieten (Wuppertal/Solingen) ist es normal, Omma und Oppa zu sagen. Das hat sich in den letzten Jahren etwas vermischt, aber noch in meiner Kindheit wärst du komisch angeschaut worden, hättest du dort Ohma oder Ohpa gesagt, das sagte kein Mensch.

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isilang  30.04.2024, 13:55
@filmfan69

Wenn es aber richtig "Omma" ausgesprochen werden würde, dann würde es auch " Omma" - mit Doppel-M - geschrieben werden.

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filmfan69  30.04.2024, 14:03
@isilang

Die deutsche Orthographie orientiert sich am Hochdeutschen, nicht an Dialekten. Viele alteingesessene Lübecker nennen ihre Stadt Lübeek. Und sehr viele Schwaben sagen zu Stuttgart „Schtuegart“. Da kannst du auch nicht einfach sagen: Hee, du hast das tt vergessen und ein falsches e eingefügt. Nein, im Dialekt heißt es so und du kannst nicht einfach sagen, nur weil etwas im Hochdeutschen nicht richtig ist, ist es auch im Dialekt falsch.

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filmfan69  30.04.2024, 15:42
@isilang

der FS aber nicht. Er fragt nach regionalen Besonderheiten.

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Ich habe das mal gehört.

Die Pfalz/das südliche Saarland würden mir einfallen. Ein ehemaliger Studienkollege sagte immer "Schääse" (mit stimmhaftem -s-) statt des bekannten hochdeutschen Schimpfwortes "Sch**ße". Das kann aber auch andere Dialekte betreffen, ggf. auch Hessisch und Sächsisch (was ohnehin zu stimmhaften Konsonanten neigt, auch k>g ist im Sächsischen oft zu hören, deshalb "geene Feddbemmen fressn", da auch aus "Füchse">"Figgse" wird, wird dann auch das s stimmhaft).

Zu Hessisch heißt es: "Charakteristisch ist die fehlende Unterscheidung zwischen stimmhaftem und stimmlosen s bzw. sch sowie in Süd- und Mittelhessen zwischen ch einerseits und sch andererseits. Tendenziell werden alle diese Laute stimmhaft ausgesprochen."

Der Süden mit Schwäbisch und Bairisch ist nicht davon betroffen. Auch der Norden gehört nicht dazu. Das ist eher ein (schmaler) Streifen quer durch die Mitte Deutschlands. (von West nach Ost, vom Saarland/der Pfalz bis nach Sachsen)

Auch der Westen gehört nicht komplett dazu: Kölsch vermeidet oft die stimmhaften s und macht sogar ein z draus. Statt "Suppe" ist es dann eben "Zupp". "Zupp, Zaus un Jemöös" (Suppe, Soße und Gemüse). 

Das kenne ich nur von Fremdsprachlern, die Deutsch reden (z.B. jedes mal [ˈʃaɪ̯zə], wenn er sich ärgert).

Woher ich das weiß:Hobby – Angelesenes Wissen über Sprach­geschich­te und Grammatik

Du meinst stimmhaftes s, wo im Hochdeutschen stimmloses s gesprochen wird? Zum Beispiel In Teilen Hessens (Raum Frankfurt/Main), in Rheinhessen bis hinunter zur Pfalz, teilweise auch in Sachsen.

“Subjekte“ zu sagen und damit Menschen zu meinen, ist kein guter Stil und kein gutes Deutsch.

OlliBjoern  30.04.2024, 21:12

Ja, die Pfalz oder das (südliche) Saarland sind mir auch dazu eingefallen.

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