Perfekt von Vollverben als Modalverben?

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Ich kann Dir nicht viel mehr sagen, als daß dieses Phänomen Ersatzinfinitiv heißt: Bei Modalverben und einigen anderen, von denen ein Infinitiv abhängt, steht in den akti­ven Perfektzeiten statt dem erwar­teten Perfektspartizip der Infinitiv.

Das Perfekt von ich konnte nicht mehr lautet also ich habe nicht mehr gekonnt (Voll­verb, kein Infinitiv hängt ab, also nimmt man regulär das Perfektspartizip), aber ich konnte nicht mehr essen hat das Perfekt ich habe nicht mehr essen können. Ebenso:

  • ich hörte sie nicht reden ⇒ ich habe sie nicht reden hören
  • er ließ sie nicht zu Wort kommen ⇒ er hat sie nicht zu Wort kommen lassen
  • wir mußten viel arbeiten ⇒ wir haben viel arbeiten müssen

Dasselbe gilt natürlich auch fürs Plusquamperfekt: Er hatte Klara nicht kommen sehen und war deshalb von ihrer Anwesenheit überrascht, oder im Konjunktiv du hättest nichts zu sagen brauchen. Vermutlich ist es beim Futur exact genauso, aber da will mir kein plausibler Beispielsatz einfallen.

In einem Nebensatz ist die Wortstellung bei dieser Konstruktion etwas komisch, weil die finite Verbform in Zusammenhang mit so einem Ersatzinfinitiv entgegen der all­gemeinen Regel von der Verbletztstellung nach vor rückt.

Ich glaube, daß ich das ebenso gut gemacht hätte.
Ich glaube, daß ich das ebensogut hätte machen können.

Bei manchen Verben (vor allem sehen, lassen) ist der Ersatzinfinitiv optional, man kann also auch das Partizip verwenden. Dann wird es lustig:

Ich ärgerte mich, weil ich die Brieftasche liegen ließ.
Ich ärgerte mich, weil ich die Brieftasche liegen gelassen hatte (kein Ersatzinfinitiv)
Ich ärgerte mich, weil ich die Brieftasche hatte liegen lassen (Ersatzinfinitiv)

Warum das so ist und seit wann das so ist und woraus sich diese Konstruktion ent­wickelt hat, weiß ich allerdings nicht (würde es aber gerne wissen).

Woher ich das weiß:Hobby – Angelesenes Wissen über Sprach­geschich­te und Grammatik